Die Lehrjahre in den neuen Geländedarstellungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. 463
Von Frankreich und Österreich beeinflußt, bringt Italien 1840 eine vorzügliche
Karte in feinen kurzen Schraffen zur Veröffentlichung 1 ; durch seitliche Beleuchtung
ist die Plastik des Geländes gut herausgeholt und die Seealpen waren bis dahin
nirgendwo schöner dargestellt.
In der Schweiz tritt uns um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert ein Atlas
entgegen, herausgegeben von Meyer und Weiß 1 2 , der zum erstenmal das Hochgebirge
annähernd naturwahr in Grundrißmanier mit Hilfe der Schraffen in senkrechter Be
leuchtung darstellt. Letztere ist zwar nicht ganz konsequent durchgeführt und macht
bei der schrägen Beleuchtung dann und wann im Hochgebirge erhebliche Anleihen.
In Deutschland verweisen uns die offiziellen Karten mit Hochgebirgsdarstellung
nach Bayern. Aus der Zeit, da noch französische Ingenieurgeographen in Bayern
wirkten, entstanden Karten in 1 : 100000 von Bayern, Soube (Schwaben) und dem
linken Rheinufer, sämtlich mit senkrecht beleuchteter Schraffenmanier. Die Carte
de la Bavière 3 erinnert beim ersten Anblick in der Geländodarstellung an die ältern
Blätter des Topographischen Atlas von Bayern, auch an die der preußischen
(deutschen) Generalstabskarte 1 : 100000, nur die Waldzeichnung ist ausführlicher
als auf der französischen Karte. Mit großer Sorgfalt ausgeführt, erscheint die
Schraffierung bei senkrechter Beleuchtung im Topographischen Atlas vom Königreiche
Bayern in 1 : 50000, desgl. auf der Karte von Südwestdeutschland in 1 : 250 000. 4
267. Die langsame Vervollkommnung der Schraffen auf topographischen und
chorographischen Karten. Die Blätter der offiziellen Kartenwerke bieten innerhalb
der langen Erscheinungsfrist (40—50 Jahre und länger) Gelegenheit, sich von der
allmählichen Vervollkommnung der Schraffenzeichnung zu überzeugen. Nicht offi
zielle Karten bieten gleichfalls lehrreiche Beispiele für diese Schraffenentwicklung,
beispielsweise der Atlas von Südwestdeutschland und dem Alpenlande von J. E. Wörl 5 ,
ferner die Karten vom südlichen Norwegen von L. Erichsen 1785 und von
P. Munch 1845 6 ; dort (bei Erichsen) gelang es nicht, die Schraffe hart an die
Steilwand heranzusetzen, hier dagegen sind die steilwandigen Fjordtäler durch die
1 „Carta degli Stati di sua MaestäSarda in Terraferma“ opera del Real Gorpo di Stato Maggiore
Generale, 1840. 6 Bl.-Karte. Brambilla del., A. Lecocq sculpsit. [Ui-Bi. Gött.]
2 Der Aarauer Industrielle Johann Rudolt Meyer hat die Herausgabe des „Atlas Suisse“
veranlaßt und finanziert; aufgenommen und gezeichnet hat ihn J. H. Weiß 1786—1802 in 1:115200.
16. Bl. Aarau.
3 Ihre Herstellung begann 1807 in Paris. Einen Teil dieser Karte bildete E. Oberhummer
ab auf T. 1 der Alpenkarten i. Z. d. D. u. Ö. A.-V. 1902.
4 Der „Topographische Atlas von Bayern“, 1: 50000, lag 1867 in erster Auflage fertig vor.
Die erste Ausgabe der „Karte von Südwestdeutschland“ 1:250000, 1849 — 1853, enthielt nur 15 das
Königreich Bayern umfassende Blätter. Später ist der Atlas bis Metz erweitert worden u. umfaßt
25 Blattnummem, hergestellt 1856 — 1868. Die Neuauflagen dieser Kartenwerke haben manche Ver
änderungen erfahren. Der „Topographische Atlas“ erscheint seit 1906 in braunen, senkrecht beleuch
teten Schraffen, und die „Karte von Süd Westdeutschland“ ist zu einer „Höhenschichtenkarte von
Bayern“ geworden, in der neuesten Ausführung auch seit 1906. Ausschnitte aus diesen ältern und
Jüngern bayrischen Karten sind dem Werkchen „Die Tätigkeit des bayr. Topographischen Bureaus
in den letzten 10 Jahren“ von Generalmajor Heller, München 1908, beigeheftet.
5 Erschien in 1: 200000 zu 48 Bl. bei Herder in Freiburg 1843. Bezüglich der Beleuchtung läßt
die Terrainzeichnung nirgends eine konsequente Durchführung erkennen.
ß Det sydliche Norge, von L. Erichsen 1785. — Kart over det sydlige Norge 1 :700000 von
P. Munch, Christiana 1845. [Beide Karten in U.-Bi. Gött.]