Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

464 
Die Landkarte und ihr Gelände. 
Schraffen gut gekennzeichnet. Auf englischer Seite treten uns innerhalb des ersten 
halben 19. Jahrhunderts keine bemerkenswerten Schraffenkarten entgegen. Die 
Schraffen wurden in der alten Eaupenmanier weiter gezeichnet. 1 
Nach den ersten großem Publikationen von A. Arrowsmith (1750—1824) mußte 
man mehr erwarten. Wohl läßt er sich auf seinen Karten von Asien, Afrika, Amerika 
von der perspektivischen Ansicht der Berge in dachförmiger Anordnung und dem 
entsprechender Schraffur leiten, indessen hat er recht hübsch auf seiner großen 
Deutschlandkarte 1 2 das Gelände ausführlicher in Schraffen behandelt, wenn auch 
manchmal das Baupenartige in der ganzen Anlage durchschlägt. Auf seiner Karte 
von England und Wales 3 scheint er sich zu einem Meister der Schraffe durchgearbeitet 
zu haben; sie erscheint nicht mehr in der langweiligen Euchsschwanzmanier, Leben 
und Bewegung stecken in der Geländedarstellung. Leider ist er im Atlas of ancient 
geographie, London 1829 4 , wieder in die alte Raupenmanier verfallen. Auf der einen 
Karte dieses Atlas erstrecken sich die Alpen als einziger Gebirgsstrang quer durch 
Europa, auf den andern Karten kriechen vereinzelte Raupen über das Kartenblatt. 
Eine solche Rückfälligkeit Arrowsmiths hat der Entwicklung der englischen Karto 
graphie, insonderheit der Geländedarstellung auf Jahrzehnte hinaus geschadet. 
Mit den letztgenannten norwegischen und englischen Karten sind wir in das Ge 
biet der chorographischen Karten hinübergeführt worden. Dabei kann an einem Karten 
werk nicht vorübergegangen werden, das an der Grenze zwischen topographischer 
und chorographischer Karte steht, nämlich an J. G. Mayers Atlas der Alpenländer 5 , 
nicht zu verwechseln mit der S. 468 erwähnten Schweizer Karte von Meyer. Während 
eines langen, kartographischem Schaffen gewidmeten Lebens war J. G. Mayer mit 
der Gebirgsnatur der Alpenwelt innig vertraut geworden. Bei seinem sonstigen 
Zeichentalent war die Vorbedingung für eine gute Alpenkarte gegeben. Die Schraffen- 
zeichnung, von NW" und N beleuchtet, ist sauber und penibel. Wie im Laufe der Jahr 
zehnte sich das Urteil über die Geländedarstellung ändert bzw. läutert, dafür gibt 
gerade das Mayersche Kartenwerk ein lehrreiches Beispiel. In den gleichsam zur 
Einführung dienenden Worten „Zur neuesten Kartographie der Alpenländer“ heißt 
es 6 , daß bei der Karte die „möglichst plastische, übersichtliche, auch bei anhaltendem 
Anblick dem Auge wohltuende Haltung des Terrains zu rühmen ist.“ Von einer dem 
Auge wohltuenden Wirkung können wir heute nicht mehr reden, im Gegenteil, die 
Betrachtung des Bildes ist für das Auge höchst anstrengend. 7 Die Schraffen sind zu 
klein, zu gleichmäßig, zu wenig moduliert, und das Urteil E. v. Sydows wird hin 
fällig, wenn er sagt, daß in der Darstellung des Hochgebirges sich „ein praktisches 
Genie bewährt“, .... „denn so mächtig wie uns das Felslabyrinth der Alpen mit 
seinen Eiszinnen auch entgegentritt, so charakteristisch ist es doch in seinen ver- 
1 Vgl. den Atlas „Geographical Cyclopaedia“, Edinburgh; hg. von J. Thomson 1834. 
2 Maps of the physikal divisions of Germany. London 1812. [Br. M. London.] 
3 Map of the hills, rivers, canals and principal roads, of England and Wales. London 1815. 
[Br. M. London 1 Exemplar, auch in der U.-Bi. Gött.] 
4 1 Exemplar dieses Atlas i. d. Bibi, von J. Perthes, Gotha. 
5 J. G. Mayers Atlas der Alpenländer: Schweiz, Savoyen, Piemont, Südbayem, Tirol, Salz 
burg, Erzherzogtum Österreich, Steiermark, Illyrien, Oberitalien usw., 9 Bl. in 1:450000. Gotha 
1858 ff. 
8 P. M. 1858, S. 308. 
7 Vgl. den als Probe mitgeteilten Kartenausschnitt (Gebiet des Genfer Sees) auf T. 12 in P. M. 
1858.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.