Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Die Mcisterjahre in der Geländedarstellung von der Mitte des 19. Jahrli. bis zur Gegenwart. 469 
erstrebt hatte. Für Rußland ist es erst 1905 gelungen, eine Isohypsenkarte des ge 
samten Reichs, und zwar nur in kleinem Maßstah herauszugeben. 1 
Die moderne Landesaufnahme setzt in vielen Staaten erst in der zweiten Hälfte 
des 19. Jahrhunderts ein (s. S. 456). Fast überbieten sich die Kulturstaaten innerhalb 
und außerhalb Europas in der Herstellung guter Originalkarten und machen sie tun 
lichst der Öffentlichkeit zugänglich. Lithographie und andere Reproduktionsverfahren 
erlauben eine schnelle und preiswerte Kartenherstellung. Wenn auch die 
Feinheit und Weichheit des alten Kupferstichs verloren gehen, wird doch das, 
worauf es ankommt, zufriedenstellend veranschaulicht. Wegen der ungemein mühe 
vollen Arbeit der Schraffenzeichnung läßt man diese auf den Drucken fort, ja man 
zeichnet sie kaum noch. Trotzdem gibt es daneben ausgezeichnete Schraffenkarten, 
wie fast sämtliche Kartenwerke Österreich-Ungarns, insonderheit die Spezialkarte 
der österreichisch-ungarischen Monarchie und anschließender Gebiete in 1:75000, 
ein Kartenwerk, das berühmt geworden ist durch die schnelle Herstellung in nicht 
mehr als 16 Jahren, 1873—1888, eine hervorragende Leistung, die bis dahin nicht 
ihresgleichen in der Geschichte der Landesaufnahme der gesamten Erde findet; der 
kurze Zeitraum der Herstellung bedingte die gleichmäßige, einheitliche Ausführung, 
wodurch sich die Karte vor andern, nicht einmal gleich großen Flächenraum um 
fassenden Kartenwerken vorteilhaft abhebt. 1 2 Wo die Karte auf topographisch schwach er 
schlossenes Gelände, wie in den Balkanstaaten hinüberreicht (s. S. 475), wird man über ihre 
Fehlerhaftigkeit nicht so erstaunt sein wie E. de Martonne. 3 Daß die preußische 
Topographie so vorzügliche Leistungen in Schraffenkarten brachte, ist ein Haupt 
verdienst von J. Aug. Kaupert (1822—1899), dem ,,stillen Gehilfen Moltkes“ in der 
Kartenabteilung im Kriege 1870/71. Dem englischen Kartenwerke in 1 : 63360 ist 
durch den Ordnance Survey Office manche wertvolle Schraffenkarte beigesteuert 
worden, z. B. das Blatt „Isle of Man“ mit dem prächtig ausgeführten Steilabfall in 
der Bulgham Bai oder das Blatt „Brough under Stainmore (Alston)“, dessen Terrain 
an die besten Alpenkarten erinnert. Topographische Karten, die sich nicht mit der 
Wiedergabe von allerhand Geländeformen abmühen müssen, können das Schwergewicht 
ihrer Darstellung mehr auf die Wiedergabe kultureller Elemente legen, wie die nieder 
ländischen und dänischen Karten, jene mehr wie diese. 
Überall suchte man sich über den Wert der verschiedenen Geländedarstellungen 
klar zu werden. Für vergleichende Betrachtungen waren die Aufnahmen kleiner 
Landgebiete wie geschaffen. So sehen wir auf der Pariser Ausstellung 1867 4 die Topo 
graphische Karte der Hohenzollernschen Lande in 1 : 50000 in folgenden vier Aus 
führungen vertreten: Straßenkarte ohne Terrain; Terrainkarte schön schraffiert, 
ohne Isohypsen; Höhenkurvenkarte ohne Schraffur und ohne Färbung; Höhen 
kurvenkarte mit Schraffierung kombiniert (die Kurven rot, das Terrain gräulich). 
1 Die Karte hat J. v. Schokalskij zum Verfasser und ist dem Artikel Rußland in der russischen 
Ausgabe des Brockhaus sehen Konversationslexikons beigegeben. 
2 L. Umann: Die Spezialkarte der österr.-ungar. Monarchie 1:75000. 2. erweiterte Aufl. 
Wien s. a. 
3 E. de Martonne: Le levé topographique des cirques de Gauri et Galcescu. B. Soc. inginerilor 
si industriasilor de mine. IV. Bukarest 1900. 
4 R. Lorenz: Die kartographischen Darstellungen auf der Pariser Ausstellung 1867. P. M. 
•1867, S. 371.
	        
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