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Die Landkarte und ihr Gelände.
über die wichtigsten Alpenkarten. In der gleichen Zeitschrift brachte Eug. Ober-
hummer eine Anzahl historisch-kartographischer Artikel: „Die Entstehung der
Alpenkarten“ 1901, „Die ältesten Karten der Ostalpen“ 1907, „Die ältesten Karten
der Westalpen“ 1909, und vier über „Die Entwicklung der Alpenkarten im 19. Jahr
hundert“, die von Bayern 1902, Österreich 1903, Schweiz 1904, Frankreich und Italien
1905. Fast gleichzeitig eröffnete A. Penck in Hettners Geographischer Zeitschrift
eine Reihe von Einzelstudien (1899 — 1908), die gesammelt 1904 in Leipzig unter dem
Titel „Neue Karten und Reliefs der Alpen“ erschienen. Während Oberhummer das
Hauptgewicht in seinen Ausführungen auf geschichtliche Fakta und die Wiedergabe
guter Kartenproben nach den Originalen legt, haben die Penckschen Erörterungen
ihren Wert in der Kritik und in dem Streben, nach leitenden Gesichtspunkten in
der Geländedarstellung vorzudringen; es sind eben Studien über Geländedarstellung,
wie Penck selber sagt (s. weiter § 326).
274. Die Schweiz, das klassische Land der Gebirgsdarstellung. Die Dufourkarte.
Das Alpenland katexochen, die Schweiz, ist das klassische Land der Gebirgs
darstellung. Keine Karte dieses Landes ist ähnlich berühmt geworden wie die
Dufourkarte (genannt nach dem Chef der Aufnahmen G. H. Dufour) oder wie
sie amtlich heißt: Topographische Karte der Schweiz, vermessen und herausgegeben
auf Befehl der eidgenössischen Behörden in 1 : 100 000. 1 An ihr hatten von 1842
bis 1865 die besten Topographen, Kartographen und Stecher der Schweiz gearbeitet.
Für die schräge Beleuchtung bilden die Alpen immer ein dankbares Objekt; aber
so auffällig und scharf und verhältnismäßig gleich gut behandelt wie auf der Dufour
karte hatte diese Beleuchtungsart bisher noch auf keiner Schraffenkarte zu dem
Beschauer gesprochen. Darum hatte die Dufourkarte wie noch keine andere Karte
zuvor so einstimmig den Beifall und die Bewunderung der berufensten Kartenkritiker
gefunden. Selbst E. v. Sydow, ein strenger Anhänger der senkrechten Beleuchtung,
konnte nicht umhin, dem schweizerischen Kartenwerke seine Anerkennung zu zollen
und spricht von einem „Meisterwerk der Kartographie“ 1 2 , von einem „Meisterwerk
topographischer Wissenschaft, Ausdauer und Kunst“. 3 Man merkt ihm jedoch in
seiner ganzen Ausführung an, daß ihm das Lob nicht so recht vom Herzen fließt.
Dagegen ruft Aug. Petermann in heller Begeisterung aus: „Es gibt keine Karte, die
eine genaue Aufnahme mit meisterhafter, naturgemäßer Zeichnung und schönem,
geschmackvollem Stich in so hohem Grade vereinigte als sie. Sie vereinigt alle diese
Vorzüge in so ausgezeichneter Weise, in einem so harmonischen Ganzen, und gibt
1 Vgl. „Die schweizerische Landesvermessung“ 1832 — 1864. Geschichte der Dufourkarte;
hg. v. Eidg. topograph. Bureau. Bern 1896. Mit Kartenausschnitten. Bearbeitet von J. H. Graf,
L. Held u. M. Rosenmund. (Jetzt heißt das Eidg. topogr. Bureau „Abteilung für Landestopographie
des Schweizer Militärdepartements“ mit dem Sitz in Bern.) — Rudolf Wolf: Geschichte der Ver
messungen in der Schweiz. Zürich 1879. — Ein kurzes Exposé über die Dufourkarte gibt Eug. Ober
hummer i. d. Z. d. D. u. Ö. A.-V. 1904, S. 20—25. — Von der Dufourkarte erschien 1873 eine Re
duktion „Generalkarte der Schweiz“ in 1:250000, eine 4 Blattkarte, die in der Schweizer Armee als
allgemeine Kriegskarte gilt. — Wem ein Blatt der Dufourkarte nicht zur Hand ist, kann zur Not einen
Einblick in ihr Wesen aus der Karte der St. Gotthardbahn gewinnen, die in 3 Blättern mit Zugrunde
legung der Dufourkarte in 1: 100000 in P. M., Erg.-H. 65, T. 1, 2 u. 3, 1881 der Arbeit von H. A. Ber
lepsch über die Gotthardbahn beigegeben ist.
2 E. v. Sydow i. P. M. 1863, S. 479.
3 E. v. Sydow i. P. M. 1865, S. 467.