Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

J. G. Lehmann und sein System. 
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die Menge des Lichtes, das auf die schiefe Ebene fällt, sich bei verschieden großen 
W inkeln („Flächenwinkeln“) wie die Kosinus dieser Winkel verhalten. Iln Bild 3 ist 
m c = b d und ec — fg;mc — cos a und e c = cos ß; b d empfängt dasselbe Quantum 
Licht wie b c und / g wie / c. Infolgedessen verhalten sich die Beleuchtungen beider 
Flächen wie b d: f g, d. h. wie cos a : cos ß, oder wie die Kosinus der Neigungswinkel. 
In Bild 3 empfängt ac als Fläche (0° Neigung) das 
volle Licht, die vertikale cdg (90° Neigung) kein Licht, 
ist mithin in volles Schwarz getaucht. Die Kosinus der 
willkürlich angenommenen Neigungswinkel a und ß, 
also m c und e c, oder w r as dasselbe ist, b d und f g 
bringen das Verhältnis der Beleuchtung zum Ausdruck. 
Dagegen drücken a m und a e den Mangel an der vollen 
Beleuchtung aus oder den Anteil an Schwarz, wodurch 
jede Neigung bezeichnet werden muß. In der ältern 
Mathematik bezeichnete man a m und g e als Sinus 
versus der Neigungswinkel a und ß, und formulierte 
in Rücksicht darauf den Satz: Bei den verschiedenen 
Neigungen der Flächen verhält sich der Anteil des 
Schwarzen zum Anteil des Weißen wie der Sinus versus 
des Neige- (Neigungs-) Winkels zu dem Kosinus 
desselben. Heute sagen wir für Sinus versus am — r 
(1 — cos a) und wenn r — 1, alsdann a m = 1 — cos a und für a e = 1 — cos ß. 
Infolge von Naturbeobachtungen (geologisch-orographischer Art) und mili 
tärischen Erwägungen ging Lehmann davon ab, die schwarzen und weißen Anteile 
auf den verschieden geneigten Flächen von 0—90° zu bestimmen. In dem Gebiet, 
das er topographisch erschlossen und aufgenommen hat, also in Sachsen mit seinen 
Mittelgebirgen, hatte er beobachtet, daß die Flächen mit Neigungen von über 45° 
unzugänglich waren und nur zerrissene Felsen zeigten, die „für niemandes Geschäft 
ein wichtiges Interesse“ hatten. Auch für militärische Bewegungen kamen solche 
Flächen nicht mehr in Betracht. Hingegen w r ar es ein dringendes Bedürfnis, alle 
zwischen 0° und 45° geneigte Flächen in der Zeichnung genau und deutlich erkennen 
zu lassen, d. h. die Grade ihrer Beleuchtung so viel als möglich unterscheidbar und 
damit kenntlich zu machen. Eine weitere Folge dieser Erwägungen war, daß Lehmann 
die horizontale Ebene mit vollem Licht, nämlich w T eiß, die schiefe Fläche von 45° mit 
vollem Schatten, also vollkommen schwarz bezeichnete. Dadurch war das ursprüng 
liche Verhältnis des Schwarzen zum Weißen ins Schwanken gekommen; ganz richtig 
folgert Lehmann, daß bei der Bezeichnung der Extreme von 0° und 45° die Zwischen 
fälle oder Grade mit einer Mischung bezeichnet werden, „in der sich der Anteil des 
Schwarzen zum Anteil des Weißen verhält, wie der Sinus versus des doppelten ge 
gebenen Winkels zum Kosinus dieses doppelten Winkels.“ Mithin wendet Lehmann 
bereits die Überhaltung an, im vorliegenden Falle also eine doppelte Überhaltung 
der Böschungsformen, bzw. der Schatten. 
298. Abänderung der wissenschaftlichen Grundlage. Als ein durch und durch 
praktischer Mensch 1 erkannte Lehmann zunächst, daß dies eben gekennzeichnete 
1 Die praktische Seite Lehmanns weiß E. v. Sydow in einem Brief vom 25. April 1856 an 
A. Steinhäuser bes. hervorzuheben. Mit. d. Geogr. Ges. in Wien. 1888, S. 79. 
Eckert, Kartenwissenschaft. I. 33
	        
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