Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
selbst wenn nicht in Abrede gestellt wird, daß die geringsten Erhebungen im Flach 
land noch durch Schratten zu veranschaulichen sind. 1 
Anders ist es bei der Wiedergabe alpiner Formen. Mit der kurzen Skala von 
Lehmann sind die Alpen nicht so plastisch wie die sächsischen Berglande zu veran 
schaulichen. Deshalb verlängerte man bereits in Bayern und Österreich die Lehmannsche 
Skala, dort ließ man bei 60° Neigung, hier bei 77° (80°) völliges Schwarz eintreten. 
Durch Lehmann bekam die Schratte mathematischen und geographischen Wert. 
Einmal ist sie die Projektion des Profilschnittes und andermal die Gefällslinie, d. i. die 
kürzeste Verbindung zwischen zwei Schichtlinien; mithin war für ihn bereits die 
Schratte das mathematische Korrelat der Schichtlinien. Schneiden wir eine Schraffen- 
partie aus einem Geländestück heraus, dürfte es schwer halten, wenn gewisse Anhalts 
punkte fehlen, zu bestimmen, was oben und was unten ist. Daraus schließt K. Peucker, 
daß die Schratte keine Gefällsrichtung angibt, sondern lediglich ihre Projektion auf 
der Ebene. 1 2 Die Schratte gibt doch etwas mehr, sie bezeichnet außerdem die Lage, 
in der das Gefälle statthat, nur ist sie wie jede Linie zweideutig, was Peucker gleichfalls 
nicht verkennt. Dieser Mangel an Eindeutigkeit kam für Lehmann nicht in Betracht, 
da er es in der Hauptsache mit einem an Böschungen wechselreichen Gelände zu tun 
* liattej In den Alpen hingegen drücken sich die Gegensätze weniger in den Böschungen 
als in Hoch und Tief aus. Ausgedehnte Gehängeabschnitte treten daselbst unter stark 
geneigtem gleichen oder nahezu gleichen Böschungswinkel auf. Dann ergeben die 
Schratten auf weite Erstreckung von oben nach unten oder umgekehrt ein gleich 
mäßiges dunkles Bild. Gleichmäßige zusammenhängende Färbung für verschiedene 
Höhenlagen schließt jedoch die Plastik aus. Darum dürfen wir uns nicht wundern, 
daß auf offiziellen österreichischen Karten die Alpengebiete flach wirken oder der 
gewünschten Plastik verlustig gegangen sind. Gewiß wird man ihnen ein Minimum 
von plastischer Wirkung nicht absprechen, aber der Beschauer der Karten will mehr 
sehen, will hohe und niedere Berge mit einem Blick umfassen. Das kann nur ge 
schehen, wenn die Gegensätze von Hoch und Tief anders, d. h. besser herausgearbeitet 
sind. Jede Terraingattung muß eben, wie wir oben Hödlmoser sprechen ließen, in 
ihren charakteristischen Merkmalen wiedergegeben werden, und das vermag bei den 
alpinen Formen die Lehmannsche Methode nicht. Das hatte auch bereits Chauvin 
erkannt, daß die Lehmannsche Darstellung im ungewissen zwischen Hoch und Tief 
lasse. 3 Ihre Böschungsplastik räumt das Feld der Schattenplastik, die jedoch nicht 
mehr mit dem strengen mathematischen Gewände der Schraffe zu tun hat. Doch 
darüber später noch Ausführlicheres. 
Für die Zeichnung in den einzelnen topographischen Maßstäben gab Lehmann 
Vorlegeblätter, die sich jahrzehntelang in topographischen Bureaus erhalten haben, 
heraus. Insonderheit gibt das erste einen anschaulichen Beweis, wie klar und sicher 
er seine Schraffenskala zu bestimmen wußte. Je 1 Zoll (= 2,6 cm) wird in neun gleiche 
Teile zerlegt, und das Schwarz füllt je nach dem Grad der Neigung ein und mehrere 
Teile aus. In der zweiten Beihe wird das Schwarz in eine Anzahl starke Striche auf 
gelöst, die sich mit der großem Neigung stetig vermehren und in der dritten Beihe 
1 Dafür gibt die „Topograph. Karte der Umgegend von Leipzig“ in 25000, hergestellt bei 
Giesecke u. Devrient in Leipzig, ein ausgezeichnetes Beispiel. 
2 K. Peucker, a. a. O., S. 40. 
3 F. Chauvin, a. a. O., S. 32.
	        
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