Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
Streit, schlug seine Wellen bis nach Deutschland hinüber. 1 Die Hauptvertreter der 
senkrechten Beleuchtung waren Berge und Bonne und die Anführer des Chors der 
Widersacher Puissant und Chrestien de la Croix, bis sich zuletzt der Disput 
zwischen Bonne und Puissant zuspitzte und in zwei Denkschriften einer Sonder 
kommission des Dépôt de la Guerre 1817 niedergelegt wurde. Indessen war noch 
keine Ruhe zwischen den Lagern eingetreten und noch ein Jahrzehnt sollten die Ge 
müter erregt bleiben. Als man 1827 in den Kommissionsbeschlüssen auf den Stand 
punkt gekommen war, die Beleuchtungsfrage bei Karten jeglichen Maßstabes aus 
zuschalten und das Gelände lediglich in Schichtlinien wiederzugeben, wurde ent 
gegen diesem Beschlüsse die Bonnesche Schraffenskala bei dem Stich der Karten 
eingeführt. 
318. Die französischen Ilauptvertreter der senkrechten Beleuchtung. Berge 
ging von dem Gedanken aus, daß man, wenn man sich schon über den Wegfall der 
Schlagschatten einig ist, die Lichtquelle so hoch zu rücken hat, daß sie senkrecht 
über den Bergen steht; nur in dieser Stellung ist jeder Schlagschatten ausgeschlossen. 
Die senkrechte Beleuchtung gibt die wünschenswerte Einheitlichkeit der Darstellung 
und unmittelbar die Abtönungsfolge für die Neigung der Hänge, die zur Horizontalen 
in Beziehung gesetzt werden. Mithin vermittelt die Tonabstufung eine genaue Vor 
stellung vom Gefälle, „während bei der schrägen Beleuchtung die Töne nur die Neigung 
angeben, die die einzelnen Flächen mit der veränderlichen und willkürlichen Richtung 
des Lichteinfalls bilden, eine Neigung, die zum natürlichen Gefälle der Flächen in 
keiner Beziehung mehr steht und hinsichtlich der tatsächlichen Bodengestaltung 
nur zu Irrtümern führt, statt davon eine unmittelbare Vorstellung zu geben“. Bonne 
suchte nach neuen brauchbaren Skalen für die senkrechte Beleuchtung und führte 
ins Feld, daß ihm die schräge Beleuchtung weiter nichts als ein Bild gäbe, womit 
der Liebhaber wohl sein Kabinett ausschmücken könne, das aber nicht für prak 
tische und militärische Zwecke tauge. Was nütze ihm, wenn der Sitz von Eis und 
Schnee auf der Karte besonders plastisch herausgearbeitet sei, wo doch kein Mensch 
wohne, keine Kanäle und Straßen gebaut würden und keine Armee manövrieren 
könne. In den spätem Kommissionsberichten will Bonne dem Puissant etwas ent- 
gegenkommen, indem er zugibt, daß die schräge Beleuchtung die Massen und die 
senkrechte die Kleinformen besser zur Geltung bringe. Würde jedoch schräge Be 
leuchtung angewandt, dürfe man sich keinesfalls vom Gefühl und Geschmack leiten 
lassen, sondern müsse auch da nach einer bestimmten Tonskala arbeiten, damit Einheit 
lichkeit in die Arbeit komme und die verschiedenen Kartensektionen im Aussehen 
nicht differieren. Hören wir hier nicht Töne der spätem Wiechelschen Schummerungs- 
skala klingen? Weiter räumt Bonne der Luftperspektive einen gewissen Einfluß 
auf die Abwandlungsfähigkeit der Abtönung der Böschungen ein. Trotz dieser Kon 
zession bleibt er doch bei der senkrechten Beleuchtung, die er mit den folgenden 
vier Punkten begründet: 
„Von dem Grundsatz ausgehend, daß die Schattenstärke in dem einen und 
dem andern System wenigstens annähernd bestimmt werden muß, wird die Lösung 
des Problems sehr vereinfacht, wenn die Richtung des Lichtstrahls einen rechten 
Winkel mit der Horizontalebene ausmacht. 
1 Berliner Militär-Wochenblatt 1826, Nr. 498; 1827, Nr. 596.
	        
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