Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Senkrechte und schräge Beleuchtung. 54!} 
Nachdem man den Ausdruck der Schattenstärke (l'intensite de la teinte) durch 
die Neigung der Ebene mit Beziehung auf die Horizontalebene festgestellt hat, kann 
das Problem auch umgekehrt werden und bis zu einem gewissen Grade die Böschung 
durch die Kenntnis der Schattenstärke (durch das Verhältnis von Weiß zu Schwarz) 
angeben. Bei der schrägen Lichtannahme dagegen gestaltet sich die Umkehrung 
kompliziert und ist trotzdem nicht zu gebrauchen. 
Die Schattenstärke, die die gleichen Gesetze wie die Niveaukurven befolgen 
muß, wird in der Annahme der senkrechten Beleuchtung einen natürlichen Maßstab 
für den Höhenausdruck liefern. 
In der Annahme, daß das Gelände Böschungen nur bis 50° bieten kann, werden 
all die verschiedenen Neigungen der durch den schrägen Lichtstrahl beleuchteten 
Flächen zwischen 0 und 100° enthalten sein. Bei der andern Hypothese hingegen 
werden unter den gleichen Bedingungen diese Neigungen immer zwischen 0 und 50° 
liegen, d. h. man würde im letztem Falle doppelt soviel Mittel in der Anwendung 
der Schattenskala zur Erzielung desselben Effektes haben, oder man könnte die Zahl 
der Schattentöne um die Hälfte reduzieren vom Weiß bis zum Vollschwarz (Farben 
maximum = maximum de couleur), was sodann die Hälfte desjenigen wäre, das 
man im andern System anwenden müßte.“ 1 
819. Französische Gegner. Französische Art der Beleuchtung. Im Namen des 
Ingenieurgeographenkorps sucht Puissant zunächst die Ausführungen von Bonne 
zu entkräften, indem er ein Prinzip bekämpft, wie er sagt, daß seiner Meinung nach 
für allgemeine topographische Karten ganz ungeeignet, höchstens für gewisse Spezial 
pläne zulässig sei. Er hält es für unpraktisch und zu schwierig, die Schraffentöne 
im Verhältnis der Neigungswinkel zu regeln und mit den zumeist sehr veränderlichen 
Kulturenbezeichnungen in den Intervallen zwischen den Schichtlinien in Einklang 
zu bringen; auch bieten sie unter sich keine genügenden Anhaltspunkte für eine 
genaue Abschätzung der Böschungen. In Bücksicht darauf vermögen im Grunde 
genommen kaum Spezialpläne diesen Anforderungen nachzukommen, geschweige 
denn die umfassenden topographischen Karten, die durch den Wechsel von Licht 
und Schatten hauptsächlich die Hauptformen, masses principales, vor Augen führen 
sollen, aber auch die kleinen Einzelheiten, accidents particuliers, nicht vernachlässigen. 
Einzig und allein die schräge Beleuchtung bietet das geeignete Mittel, das Belief der 
Natur nachzuahmen, und dem Publikum, für das die topographische Karte ein un 
entbehrliches und gern benutztes Orientierungsmittel sein soll, komme es gar nicht 
darauf an, über die Böschungen belehrt zu werden, sondern vor allem durch den 
Wechsel von Licht und Schatten einen wirkungsvollen Überblick und Eindruck 
von der Verteilung der Berg- und Talformen, Becken und Aushöhlungen zu erhalten; 
und dieser Effekt wird durch keine Bindung an geometrische Begeln erzielt. Darum 
verwirft Puissant die Tonskala sowohl für die senkrecht wie schräg beleuchteten 
Böschungen. Von der Luftperspektive, die doch seiner Methode nahe liegen mußte, 
will er nichts wissen. Dagegen rang er sich später im Gegensatz zu seinen Kommissions- 
mitgliedern zu der Überzeugung durch, daß man bei der Anwendung von dieser oder 
jener Beleuchtung nach den Maßstäben und 1 von Fall zu Fall zu entscheiden habe. 
Im großen und ganzen muß man sagen, daß die elegante, auf Effekt hinzielende 
1 Berthaut, a. a. O. I. S. 223.
	        
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