Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
unserer Handatlanten klar und einfach daliegt, dagegen im Schraffenbild der Kon 
tinente uns keine stumme Karte entgegentritt, sondern mit allerhand Tatsachen des 
Verkehrs, der Siedelung und Kultur und mit Namen überdeckt ist. Doch daß auch 
da einmal größere Klarheit und Übersichtlichkeit geschaffen und andere Kartenbilder 
unsere Atlanten erfüllen werden, ist nur eine Frage der Zeit (s. den Schluß von 
Band I). 
II. Die bunte Schraffe. 
337. Die Sehraffe im Bunt- und Schwarzdruck. Nach drei Richtungen hin ist 
die bunte Schraffe in der Kartographie aufgetreten. Als man den Farbendruck besser 
handhaben lernte und den Karteninhalt im Laufe der Jahre immer mehr belastete, 
trennte man die Geländedarstellung von dem Lageplan. Die besondere Terrain 
platte hielt ihren Einzug in die kartographische Reproduktionswerkstätte, zunächst 
in die Privatanstalten, und sodann in die offiziellen Institute. Braun und Rotbraun 
sind die bevorzugten Farbtöne für den Geländedruck, seltener tritt ein grauer oder 
grau violetter Ton auf. In dieser bunten Schraffe liegt kein wissenschaftliches, sondern 
ein praktisches Moment, wie aus meinen frühem Erörterungen hervorgeht (S. 480), wie 
wir auch der Verteidigung des Braundrucks durch H. Habenicht 1 und H. Haack 1 2 
entnehmen. Auch C. Scherrer bekennt sich wegen der großem Klarheit des Bildes 
und der Lesbarkeit der Schrift zur braunen Farbe, obwohl der Schwarzdruck die 
stark hervortretenden Abfälle besser veranschaulicht. 3 Dagegen ist Chr. v. Steeb 
ein strenger Vertreter des Schwarzdruckes bei der Geländedarstellung. 4 Die Farben 
karten vergleicht er mit Büchern, in denen das Wichtigste durch Unterstreichen be 
zeichnet wurde; jedoch darf nicht zuviel unterstrichen werden, sonst hebt man gar 
nichts hervor. 
338. Die wissenschaftlich bunte Schraffe. Rein wissenschaftlich tritt die bunte 
Schraffe bei Gehne auf, die er für seine Methode der morphologischen Kartenzeichnung 
weidlich ausnutzte. Ihm diente eine Höhensschichtkarte als Grundlage, worauf die 
Böschungen, soll richtiger heißen die Hänge, in Schraffen verschiedenfarbig wieder 
gegeben werden, so daß jede Farbe einen morphologisch gleichwertigen Schichten 
komplex vertritt. Um die formengehende Tektonik der Faltengebiete abzulesen, wird 
außerdem noch auf das Alter der Schichten Rücksicht genommen. Nach diesem 
Prinzip erscheint auf der geomorphologischen Karte der Umgebung von Thale im 
Harz in 1 : 50000 die obere Kreide in grünen Schraffen, die untere in blaugrünen, 
der Keuper in gelbbraunem Ton, der Muschelkalk in grauem, der Buntsandstein in 
Zinnoberrot, der Zechstein in Blau, das Paläozoikum in Dunkelbraun und der Granit 
in Violett, der Kontakthof des Granits selbst in dunkelrotbraunen Schraffen. Wie 
weit diese bunte morphologische Schraffe sich die Wissenschaft erobern wird, unter 
liegt nur Mutmaßungen, da man bis jetzt, wie ich ausführlicher dargelegt habe, noch 
keine einheitliche kartographische Darstellung morphologischer Phänomene gefunden 
hat (s. S. 100). 
1 H. Habenicht: Die Terraindarstellung im „Neuen Stieler“. P. M. 1903, S. 32. 
2 H. Haack i. G. J. 1903/04, S. 399. 
3 C. Scherrer i. d. Besprechg. d. Karte des Deutschen Reiches 1:100000. P. M. 1901. LB. 665, 
S. 165. 
4 Chr. v. Steeb: Die Kriegskarten. Mit. d. k. k. mil.-geogr. Inst. XX. 1900. Wien 1901, S. 146.
	        
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