Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
graphen. Freilich geben es viele Kartographen nicht gern zu und manche unter 
ihnen, die der schrägen Beleuchtung huldigen, faseln von deren wissenschaftlicher 
Grundlage, ohne mit ihren Opera je den Beweis für den mathematischen Aufbau 
der Böschungstöne angetreten zu haben. Gerade hier wird soviel den Laien vor 
gemacht, wenn nicht gar die betreffenden Kartographen — sie gehören Gott sei Dank 
nicht großen Instituten an — sich selbst etwas vormachen und an ihren Unsinn glauben. 
Erst nachdem es H. Wiechel gelungen war, der schrägen Beleuchtung ein wissen 
schaftliches Heim zu geben, war der Bann wohl innerlich gebrochen, d. h. man war 
beruhigt, sich nun endlich mit einer Theorie für die schräge Beleuchtung schmücken 
zu können 1 ; aber nicht äußerlich, denn bis jetzt ist mit Ausnahme von Wiechels 
Karten selbst keine andere Karte konsequent nach dessen Theorie ausgeführt worden 
und meistens wird in der alten bekannten und ach! so bequemen Weise fortgewurstelt. 
341. Wiechels System der schrägen Beleuchtung (in Schummerung). H. Wiechel 
ist zu seinen Ausführungen durch L. Burmester angeregt worden 1 2 , besonders auch 
durch dessen Atlas zur Theorie und Darstellung der Beleuchtung gesetzmäßig ge 
stalteter Flächen. Die auf Taf. VI des Atlas dargestellten Figuren zur Berechnung des 
Logarithmoides mußten anreizen, Burmesters Theorie der Isophoten- (Linien gleicher 
Helligkeit) Zeichnung auf die nicht gesetzmäßig verlaufenden Flächen der überaus 
mannigfaltigen Erdoberfläche zu übertragen. Die Grundzüge des wissenschaftlichen 
Geländes, das Wiechel für die schräge Beleuchtung aufgerichtet hat, sind kurz folgende. 3 
Zunächst wird eine strenge, konsequent durchgeführte schräge Beleuchtung voraus 
gesetzt. Infolgedessen dürfen beispielsweise die Ebenen und ähnliche Oberflächen 
erscheinungen nicht weiß, wie auf den meisten schräg beleuchteten Karten, erscheinen; 
auf den senkrecht beleuchteten sind die weißen Ebenen selbstverständlich. Mit Hilfe 
der konsequenten schrägen Beleuchtung wird nun für jede geneigte Fläche, richtiger 
für jeden Punkt einer geneigten Fläche, der Helligkeitsgrad berechnet, indem man 
zunächst den Neigungswinkel der Fläche zur Horizontalen mit dem einfallenden 
Lichtstrahl in Beziehung setzt. Der Winkel, den der Lichtstrahl (L) mit der Senk 
rechten oder sogenannten Flächennormalen (F), die senkrecht auf der Böschungs 
fläche steht, bildet, ist der Einfallwinkel „e“. Der Winkel zwischen F und V, also 
1 s. S. 494, Anm. 3. 
2 L. Burmester: Theorie u. Darstellung der Beleuchtung gesetzmäßig gestalteter Flächen. 
Mit einem Atlas von 14 Tafeln. Leipzig 1871. — Wichtige Werke auf dem Gebiete der Beleuchtungs 
kunde sind außerdem J. Egle: Abhandlung üb. das Schattieren der Oberflächen regelmäßiger Körper. 
Stuttgart 1855; Franz Tilscher: Die Lehre von den geometrischen Beleuchtungskonstruktionen. 
Wien 1862; C. Rieß: Schattierungskunde. Stuttgart 1871. Wesentlich neuem Datums ist Ad. Göller: 
Lehrbuch der Schattenkonstruktion u. Beleüchtungskunde. Stuttgart 1895. Das Buch von Göller 
ist einfacher und verständlicher als das von Burmester und behandelt die Schattenkonstruktionen 
selbständig, sowohl mit der für das praktische Schaffen genügenden Vollständigkeit als mit der wün 
schenswerten Entwicklung des Schwierigem aus seinen einfachen Grundlagen. Wäre Göllers Werk 
fast gleichzeitig mit dem von Burmester erschienen, hätte sicherlich Wiechels Theorie an Einfachheit 
und Verständlichkeit gewonnen. 
3 H. Wiechel: Theorie u. Darstellung der Beleuchtung von nicht gesetzmäßig gebildeten 
Flächen mit Rücksicht auf die Bergzeichnung. Mit 3 Tafeln. Civilingenieur. XXIV. Heft 4 u. 5. 
Freiberg u. Leipzig 1878. — Inhaltlich gut wiedergegeben bei K. Zöppritz: Leitfaden der Karten 
entwurfslehre. Leipzig 1884, S. 146ff. mit Tafel. In der 2. Aufl., die A. Bludau versorgt hat, im 
11. Teil. Leipzig 1908, S. 58ff. Mit der gleichen Tafel wie i. d. 1. Aufl.
	        
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