Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geläudedarstellung. 
bewahren, was jedoch in der Natur nicht Kegel ist. Kurz gesagt: Das gesamte System 
leidet daran, daß bei ihm der Stellungswinkel o eine wichtigere Kolle als der Böschungs 
winkel b spielt. 
342. Schräge Beleuchtung und Wellenform der Böschung in Beziehung zu Wiechels 
System. Bei der schrägen Beleuchtung muß man unterscheiden die natürliche Neigung 
des Geländes, die Neigung des Lichtstrahles und die Geländeänderung quer zur Böschung. 
Der Deutlichkeit halber will ich letztere als die Wellenform der Böschung be 
zeichnen, nicht zu verwechseln mit der Wellenform des Geländes. Die Böschungs 
wellenform lernt man am besten auf einer Wanderung in gleicher Höhe eines Gebirgs- 
abhanges kennen, bald ist man auf der konvexen, bald auf der konkaven Seite der 
Welle. Ideal gedacht, würde man eine Isohypse abgehen. Die Fläche ist mithin 
weiter nichts als der gewellte Geländestreifen innerhalb zweier Isohypsen. Bei der 
sogenannten senkrechten Beleuchtung ist die Wellenform leicht zu erfassen, da sie 
in den Gefällinien von dem Oberlicht eindeutig erfaßt wird. Darum ist auch in dieser 
Beziehung, an die bis jetzt noch nie gedacht worden ist, die senkrechte Beleuchtung 
der schrägen und der seitlichen oder wagerechten (pedalen) gegenüber so gewaltig 
überlegen. 
Sein System hat Wiechel an Katasterkarten und topographischen Karten 
erprobt. Zunächst hat er es an einer Übungsfläche (Katasterkarte) in 1 : 2500 auf 
gebaut. Die Skala war dann leicht auf das Meßtischblatt zu übertragen. Die seiner 
Abhandlung beigegebenen Karten umfassen einen Ausschnitt aus dem Blatte Koch- 
litz der Topographischen Spezialkarte des Königreichs Sachsen in 1 :25 000 und 
Reduktionen davon auf 1 : 100000 und 1 : 200000. Morphologisch ist das Gelände 
auf dem Kartenausschnitt nach dem neuen System nicht gut erfaßt, es erscheint 
blasig aufgetrieben, wie Ausbeulungen in einer Blech- oder Kupferplatte. Welch 
unendliche Schwierigkeiten aber treten für einen selbständigen Entwurf ein, der 
beispielsweise, wenn keine Katasterunterlagen vorhanden sind, in 1 :100000 oder 
1 : 500000 ausgeführt werden soll. Das Gelände der chorographischen Karten nach 
Wiechel nur einigermaßen korrekt zu behandeln, ist ganz ausgeschlossen. 1 Daß die 
Geländedarstellung nach seinem System trotz der beigegebenen „Grundlinien zu 
einer Bergzeichenschule in Seitenlichtmanier“ zeitraubend und umständlich ist, 
gesteht er selbst ein, und angesichts dieser Umstände weist er jedoch darauf hin, 
„daß es beim Abtuschen einer Zeichnung durchaus nicht darauf ankommt, einer 
gewissen Stelle mathematisch genau die nach den gemachten Voraussetzungen vor 
handene Helligkeit zu geben, etwa mit ähnlicher Schärfe, mit welcher die Schicht 
linien die absolute Höhenlage erkennen lassen; vielmehr ist es völlig hinreichend, 
wenn der Charakter der Helligkeitsverteilung auf den einzelnen Formen richtig wieder 
gegeben wird und außerdem die Gesamthaltung eine gleichmäßige, zusammengestimmte 
ist“. 1 2 Wenn das also das ganze Ergebnis trotz der vielen Mühen ist, dann kann man 
1 S. 364 seiner Ausführungen sagt Wiechel: „In den Karten kleinern Maßstabes tritt natur 
gemäß an die Stelle der Schattierung der Einzelformen das Höhenschichtenkolorit für die 
von den Hauptschichtlinien eingeschlossenen Höhenzonen unter Verzicht auf das Detail der Berg 
formen“. Was er hier unter Höhenschichtenkolorit meint, ist nicht ganz klar; landläufig müßte es 
dahin gedeutet werden, daß dann nach seinem Systeme nichts mehr dargestellt werden könnte; und 
doch haben sich die neuern Schräglichtkartographen bei den Karten kleinsten Maßstabes und Wand 
karten auf Wiechel berufen (natürlich ohne ihn verstanden zu haben!). 
2 H. Wiechel, a. a. O., S. 356.
	        
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