Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
entwurfslehre von Zöppritz beigegeben ist. Das volle Licht wird mit 1, das volle 
Schwarz mit 0 bezeichnet. Zehn Helligkeitsstufen werden unterschieden: 0,1; 0,2; 
0,3 bis 1. Der Übergang von 0,9 zu 1, also zum vollen Weiß, ist zu auffällig und ent 
spricht nicht den Übergängen auf weniger geneigten Flächen der wirklichen Beleuchtung. 
Wer sagt mir außerdem, daß z. B. Grau zwischen 0,6—0,7 auch wirklich der graue 
Ton für die entsprechende Neigung und Orientierung ist. Mithin ist der Farbton 
vieldeutig, was wiederum ein Nachteil der Schummerungsskala ist. Die Schatten 
töne sind rechnerisch wohl zu bestimmen, nicht aber genau in der Qualität, wie die 
neuere physiologische Optik sagt. 1 Zu einer brauchbaren Schummerungsskala kann 
man nötigenfalls auf mechanischem oder experimentellem Wege gelangen. Damit 
begeben wir uns in das Laboratorium des Physikers. Nicht ausgeschlossen erscheint, 
daß mit Hilfe des Rotationsapparates von Zimmermann die Töne für die einzelnen 
Hauptneigungen, 5°, 10°, 15° usw. bestimmt werden können. Vielleicht führt zu 
einem noch bessern Erfolge der „Schattenkasten“, dessen einfache Konstruktion 
E. Hering bereits angegeben und der von W. Ostwald bei seinen Untersuchungen 
über die Harmonie der Farben benutzt wurde 1 2 ; mit ihm kann eine weiße Fläche 
unter verschiedenen Winkeln beleuchtet und die einzelnen Stufenwerte in der Schat 
tierung festgelegt werden. Speziell für Geländebeleuchtungszwecke ist das Ver 
fahren noch nicht angewandt worden, doch bin ich sicher, daß für die praktische 
Kartographie endlich einmal ein brauchbares Ergebnis herausspringen wird, nachdem 
um die Jahreswende 1914/15 W. Ostwald ein plausibles und praktisches Verfahren 
der Weiß-Schwarzmessung gefunden hat. 3 Es gibt noch einige Verfahren, die ex 
perimentell gewonnen, aber nicht erprobt wurden, wie z. B. das von Chr. Wiener. 4 
In eingehender Weise beschäftigt er sich damit, wie die Helligkeiten, die an einem 
Gegenstand nach irgendeiner Einheit bestimmt sind, auf dem Bilde durch Tusch 
lagen, die mit dem Pinsel aufgetragen werden, nachzuahmen sind. Durch die ver 
schiedenen Versuche stellte sich heraus, daß die notwendige Anzahl von Tuschlagen 
nicht mit dem reziproken Werte der Helligkeit, sondern mit dem Logarithmus dieses 
Wertes im Verhältnis steht. Wiener gibt im Anschluß daran eine Beschreibung und 
Anleitung zum Verfahren des Tuschens. Man muß sich wundern, daß das Verfahren 
nicht längst schon einmal für die Kartographie ausprobiert wurde; jetzt jedoch, da 
Ostwald mit seinen Forschungsergebnissen in der Farbenlehre obenan steht, dürfte 
es sich kaum noch lohnen. 
344. Schattenplastik lind Formenplastik. Die Schummerung hat bei senkrechter 
Beleuchtung mehr den Charakter einer mehrfach abgestuften Farbe, ähnelt also dem 
der Böschungsschraffe, bei schräger Beleuchtung den Charakter eines Schattentons, 
der sich mehr in der Angabe der Gegensätze von Hoch und Tief der Böschung aus 
prägt. Im Schattenton ist die Schummerung ganz in ihrem Element. Sie bewirkt 
eine Plastik des Geländes, die als „Schattenplastik“ bekannt ist. Das ist keine 
„Formenplastik“, wie A. Bludau u. a. annehmen 5 ; dann wäre auch die Böschungs 
1 W. E. Pauli u. H. Pauli: Physiologische Optik. Jena 1918, S. 20. 
2 W. Ostwald: Die Harmonie der Farben. Leipzig 1918, S. 29ff. 
3 W. Ostwald: Physikalische Farbenlehre. Leipzig 1919, S. 19Qff. — Vgl. auch Mathematische 
Farbenlehre. Leipzig 1918, S. 62 ff. 
4 Chr. Wiener: Lehrbuch der darstellenden Geometrie. I. Leipzig 1884, S. 408—413. 
5 K. Zöppritz-A. Bludau, a. a. O., 3. 60.
	        
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