Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
Kartell, gelegentlich auch von Homannschen Arbeiten brachte. Chr. Sandler 
urteilt über ihn als einen Mann von nicht großen Verdiensten. 1 Weit höher ist der 
Nürnberger J.B. Homann, der erste berufsmäßige Kartenstecher jener Zeit, zu 
bewerten. Blieb die Technik der Niederländer auch von nachhaltigem Einfluß auf die 
deutsche Kartographie, emanzipierte er sich als ein erster von dem niederländischen 
Einfluß; denn er strebte danach, seine Erzeugnisse kritisch, gestützt auf verschiedenes 
Quellenmaterial, zu bearbeiten. Ferner wurde er dadurch, daß er sich mit einem Stab 
wissenschaftlicher Mitarbeiter umgab, indem er Beziehungen mit wissenschaftlichen 
Autoritäten seiner Zeit anknüpfte, wie mit J. G. Doppelmayr, J. M. Hase, 
J. Hübner, C. Gottschling, J. G. Gregorii, E. D. Hauber, Tob. Mayer, 
G. M. Lowitz 1 2 u. a., der erste Kartograph im modernen Sinne. Hases Karte von 
Afrika aus dem Jahre 1787 war die erste wissenschaftlich fundierte Karte der neuern 
Zeit in Deutschland, weil sie Resultate älterer Schriftsteller und neuester Reise 
beschreibungen verarbeitet hatte. Mit ihr kann man billigerweise ein neues Zeitalter 
der kritischen Kartographie beginnen lassen, die im folgenden Jahrhundert zu so un 
geahnter Blüte gelangte. 
Die „Homannsche Offizin“ ging 1780 an J. G. Ebersperger und J. Mich. 
Franz über, die sie als ,,Homännische Erben“ weiter führten. Franz war ihr intellek 
tueller Leiter, worauf Chr. Sandler 3 und S. Rüge 4 großes Gewicht in ihren Er 
örterungen legen. Die Homännischen Erben standen in hohem Ansehen, auch im 
Ausland, besonders in Frankreich. 5 
Wenn auch nach Sandler 8 / 9 der etwa 600 Karten, die von 1702—1760 in der 
Homannschen Offizin erschienen, Kopien sind, kann doch dieses Nacharbeiten 
anderer Produkte, im Lichte der damaligen Auffassung von Original und Kopie ge 
sehen, den Homannschen Ruhm nicht schmälern. 6 Homann und seine Nachfolger 
im Geschäft waren nach Mercator in Deutschland die ersten, die ihre Kartenwerke 
systematisch ausbauten, technisch und wissenschaftlich zu vervollkommnen strebten 
und die vaterländische Kartenerzeugung wesentlich förderten. Was das Justus Perthes- 
sche kartographische Institut für das 19., das war die Homannsche Offizin für das 
18. Jahrhundert. 
Parallel mit der deutschen Entwicklung blühte in England und Frankreich 
während des 18. Jahrhunderts die Kartographie mächtig empor. In England sind 
1 Chr. Sandler: Matthäus Seutter und seine Landkarten. Mit. d. Ver. f. Erdkde. zu 
Leipzig 1895, S. 5. 
2 Chr. Sandler: Die Homännischen Erben. Kettl. Z. f. wiss. Geogr. VII. Weimar 1890, 
S. 438ff. — Vgl. auch von demselben Verf.: Job. Bapt. Homann, Z. d. Ges. f. Erdkde. zu Berlin 
XXI. 1886. — J. G. Krünitz: Ökonomisch-technologische Encyklopädie oder allgemeines System der 
Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft und der Kunstgeschichte. 60. Teil. Berlin 1793, S. 108ff. 
j| 3 Chr. Sandler: Die Homännischen Erben, a. a. O., S. 345. 
4 S. Rüge: Aus der Sturm- und Drangperiode der Geographie. (Die älteste geogr. Ges. u. 
ihre Mitglieder.) Kettl. Z. f. wiss. Geogr. V. Wien 1885, S. 251. 
5 In dem Atlas Universel par M. Robert et par M. Robert de Vaugondy son fils, Paris 1757 
[Nat. Bibl. Paris], sind die einleitenden Kapitel sehr wichtig, bes. Kap. V : Des progrès de la géo 
graphie, depuis son rétablissement en Europe, jusqu’ à présent. Hier wird auf Seite 14 des längem 
der Verdienste Homanns und der „héritiers de Homann“ gedacht, auch vieler deutscher Ge 
lehrter, die für die Geographie damals von Bedeutung waren, von denen wir viele heute kaum noch 
dem Namen nach kennen. Besonders hervorgehoben sind noch Seutter in Augsburg und Micovini 
in Wien (t 1750), letzterer bekannt durch seine Landesaufnahmen in Österreich-Ungarn. 
6 K. Jolig, a. a. O., S. 52.
	        
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