Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
351. Formlinien. Die Höhenlinie ist nicht die Repräsentantin eines absoluten, 
sondern nur eines mittlern Höhenwertes, gefunden aus mehr oder minder zahlreich 
bestimmten Höhenkoten. Daran wird gewöhnlich nicht gedacht, wenn man sie kurz 
weg als Kurve, die gleiche Höhen verbindet, definiert. 1 Yon der Anzahl der gemessenen 
Höhenwerte wird die Genauigkeit der Schichtlinien und in weiterer Folge die Genauigkeit 
der Karte abhängen (s. weiter unten). Es müssen eben, wie A. Petermann schon 1864 
sagte 1 2 , den Isohypsen „vor allem sehr viele und genaue Höhenmessungen zugrunde 
liegen, wenn sie nicht bloße phantastische und irreführende und nutzlose Linien sein 
sollen“. Läßt sich der Linienzug nicht einigermaßen zahlenmäßig festlegen, verdient 
er nicht die Bezeichnung Isohypse oder Schichtlinie; er wiederholt ganz allgemein 
die Formen des Geländes, wobei er sich weniger auf Höhenzahlen als auf Autopsie 
stützt. Zuweilen ist diese Geländedarstellung zur reinen Manier bei umfangreichen 
Kartenwerken ausgeartet. Trotzdem vermag sie etwas Gutes zu leisten, wie wir an 
den deutschen Kolonialkarten von Paul Sprigade und Max Moisel sehen, die aller 
dings wegen ihres härtern Charakters F. Hahn als „Berliner Typus“ im Gegensatz 
zu dem dem Auge wohltuendem „Gothaer Typus“ bringt. 3 
Erfreulich ist, daß neuere Reisende bei der Bezeichnung der horizontalen Linien 
ihrer Karten recht vorsichtig geworden sind. K. Sapper spricht auf seiner Höhen 
schichtenkarte von Neuhannover und der von Süd- und Nordneumecklenburg 4 
von dem ungefähren Verlauf und dem vermuteten ungefähren Verlauf der Höhen 
kurven. Auf der Höhenschichtenkarte der Gajo- und Atlasländer von W. Volz steht 
an der dünnen Linie „approximative Höhenlinie“ und an der dickem „keine Isohypse“. 5 
Für alle diese nach der Natur skizzierten oder nachträglich an der Hand spärlicher 
Höhenaufnahmen konstruierten Höhenlinien, die man als Pseudoisohypsen auf 
fassen kann, gebrauchen wir heute den Ausdruck Formlinien. Früher hatte ich 
vorgeschlagen, dafür „Geländekurven“ zu sagen 6 , was auch auf verschiedenen deutschen 
Kolonialkarten, die P. Sprigade und M. Moisel herausgegeben hatten, befolgt wurde. 7 
Indessen bin ich auf den von mir auch gebrauchten Ausdruck „Formlinien“ zurück 
gekommen 8 , zumal ich darin durch E. Hammer bestärkt wurde, der mir schrieb 
(20. Januar 1911), daß er selbst schon seit Jahren die Bezeichnung „Formlinie“ ge 
1 Über Höhenkurven, die direkt in der Natur aufgenommen wurden, vgl. oben S. 230. 
2 A. Petermann: Neue Karte v. d. britiseli. Inseln und dem umliegenden Meere. P. M. 1864, 
8. 17. 
3 F. Hahn: I. d. Besprechung des „Großen Deutschen Kolonialatlas“ in P. M. 1902. LB. 303, 
S. 93. — Vgl. weiter meine Ausführungen über die deutsche Koloniaikartographie, S. 247, 248. 
4 K. Sapper: Höhenschichtenkarte von Neuhannover. 1:100000. Höhenschichtenkarte von 
Süd- und Nordneumecklenburg, 1:200000. Mit. aus d. deutschen Schutzgebieten. Ergh. 3. Berlin 
1920. 
5 W. Volz: Karte der Gajo- und Atlasländer. 1:400000. Beilage zu Nordsumatra. II. Berlin 
1912. 
6 M. Eckert, a. a. Ü., S. 43. — O. Krümmel und M. Eckert: Geographisches Praktikum. 
Leipzig 1908, S. 29. 
7 Auf der Karte von Kamerun, 1:300000, die M. Moisel herausgegeben hat, heißt es: Terrain 
darstellung in Geländekurven, nicht Isohypsen. Auch auf andern Karten kehrt diese Bemerkung 
wieder. 
8 O. Krümmel und M. Eckert, a. a. ()., S. 39. — Auch ist die kürzere Bezeichnungsweisc 
„Formlinie“ der langem „Formenlinie“ vorzuziehen, die man verschiedentlich angewendet findet, 
so bei Fr. Jäger, der auf seiner Karte vom Hochland der Riesenkrater in Deutsch-Ostafrika, 1:150000, 
schreibt: „Gelände in Formenlinien, Formenlinien schematisch angegeben.“
	        
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