Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Zur Kritik der Schichtlinien. 
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zeichnenden Völkern, in eine Manier aus, die Bogen an Bogen reiht und die wir als 
,,Leberwurstmanier“ geißeln. 1 An der Form des Isohypsenzuges erkennt man die 
Tüchtigkeit und das gediegene geographische Wissen des Kartenzeichners. Gerade 
die Schichtlinien sind geeignet, die hauptsächlichsten Erosionsformen, wie Tal 
einschnitte, Taltröge und die verschiedensten jüngern und altern Erscheinungsformen 
in der Verebnung der Erdoberfläche zu charakterisieren. Bas gehört zu den ersten 
und wichtigsten Anforderungen an jede topographische Schichtlinienzeichnung, und 
nicht die Harmonie der Isohypsen untereinander und die hierdurch bedingte Kon 
formität, wie B. Schulze 1 2 und mit ihm die meisten Topographen meinen. Gewiß ist 
die Bedeutung der Harmonie und Konformität der Schichtlinien gar nicht zu leugnen, 
und in ihrem Wesen als vergesellschaftete Linien bedingt, aber die Anähnlicliung 
darf nicht auf Kosten der Wissenschaftlichkeit geschehen. 
Daß die Schichtlinienzüge in ihrer harmonischen Anordnung auch ästhetisch 
befriedigen, ist wiederum ein sekundäres Moment ihrer Bedeutung. Aber auch hierbei 
darf die Wiedergabe der charakteristischen Formen des Geländes nicht vernachlässigt 
werden. So kann man beispielsweise in einem Kartenterrain nur beschränkt rund- 
bogige Isohypsenlinien ziehen. Vor längerer Zeit habe ich selbst versucht, bei einem 
solchen Gelände, wie es das Gottesackerplateau in der Ifengruppe im Allgäu darstellt, 
durch eine zackige Schichtlinienführung das Karrengebiet gegenüber dem benach 
barten Gelände herauszuheben. 3 Doch sei bei neuern Karten mit knittrigen und un 
ruhigen Schichtlinien recht zur Vorsicht gemahnt, da sie leicht den Eindruck großer 
Genauigkeit vorzutäuschen geeignet sind. 4 Ganz verfehlt ist ein zittriger Linienzug. 5 
350. Schichtlinienabstand und Böschungswinkel. Die Schichtlinie hat an sich 
wenig Selbständiges. Als Einzellinie geht sie über die Bedeutung einer bloßen Höhen 
grenze kaum hinaus und als Individuum per se wird sie von den Kartographen nur 
in besondern Fällen angesprochen und dementsprechend in der Sonderführung be 
handelt. 6 Doch ist sie in der Hauptsache vergesellschaftet, zusammengeschart zu 
denken; verschwistert mit andern Schichtlinien erhält sie Wesen und höhere Be 
deutung. In der Vergesellschaftung oder Scharung wird sie einmal zu einem Form 
element und sodann zu einem Maß für die Böschungswinkel. Eine weitere Folge ist, 
daß man von der Projektion der Schichtlinien in die Horizontalebene als von dem 
geometrischen Grundriß des Geländes spricht; dann müssen aber auch die Schicht 
linien immer genauer in ihrem Verlauf werden. Und hier ist das Mittel gegeben, 
allmählich eine an Phantasie reine Geländezeichnung zu erhalten. 
1 Vgl. 0. Krümmel u. M. Eckert, a. a. O., S. 25, 26. — Beispiele für die Leberwurstmanier 
gibt es in Hülle und Fülle; selbst Petermanns geographische Mitteilungen liefern Beispiele hierzu, wie 
z, B. A. Petermanns Karte (P. M. 1873, Taf. 3) zu Livingtones Reisen in Innerafrika 1866/72 und 
Stanleys Reise zum Tanganjika 1871/72-, nebst Übersicht der Höhenverhältnisse in 1:5000000. 
2 Br. Schulze: Die militärischen Aufnahmen. Leipzig und Berlin 1903, S. 181. 
3 M. Eckert: Karte der Ifengruppe. 1:50000. Das Gottesackerplateau. Wiss. Erg.-Hefte d. Z. 
d. D. u. Ö. A.-V. Innsbruck 1902, S. 3. 
4 E. Hammer, a. a. O., S. 99. 
5 Hierher gehört z. B. K. Grissinger: Tiefenkarte des Weißensees in Kärnthen. P. M. 1892, 
Taf. 12. 
6 So vorzugsweise auf großmaßstabigen Karten, 1:250000 und größer, wo es sich um genaue 
geologische Aufnahmen oder um die Aufnahme von Höhenlinien auf technischen Karten (für Verkehrs 
anlagen, Stadterweiterungen usw.) handelt. Vgl. P. Kahle: Betrachtungen zu Höhenlinienkarten. 
G. A. 1920, S. 225.
	        
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