Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
Grundlagen und Methoden geschaffen, die heute Norm und Maß hei kartographischen 
Werken sind. Vielfach haben sie sich als Seher bewährt und der Kartographie Wege 
gewiesen, die sie zu einer Wissenschaft mit emporhoben. Unnütz wäre das Beginnen, 
einen dieser Männer auf Kosten des andern in den Vordergrund zu rücken. Jeder 
in seiner Art hat Hervorragendes geleistet ; hei ihnen ging gewissenhafte selbstbewußte 
Durcharbeitung des Kartenstoffs mit der meisterhaften Beherrschung der Technik 
Hand in Hand. Ein herrliches Kartenwerk nach dem andern wurde durch sie ge 
schaffen. All diesen Schöpfungen wurde aber die'Krone mit Carl Vogels Karte des 
Deutschen Reiches in 1:500000 aufgesetzt; sie bedeutet einen Höhepunkt unserer 
gegenwärtigen Kartenentwicklung 1 (s. S. 4). 
Aug. Petermann unterscheidet sich insofern von seinen Perthesschen Mit 
arbeitern, als er schulbildend wirkte. 1 2 Nicht nur der eignen Anstalt kamen seine ge 
schulten Kräfte zugute, sondern der gesamten leistungsfähigem deutschen Karto 
graphie in ihrer jetzigen Entwicklung. 3 Wenn das Kritisch-Wissenschaftliche ein 
Maßstab der Beurteilung ist, dann gebührt dem Obersten Emil von Sydow (1812 
bis 1878) ein erster Platz. Auf seine berühmten zwölf kartenkritischen Aufsätze über 
den „kartographischen Standpunkt Europas“ in Petermanns Geographischen Mit 
teilungen habe ich bereits hingewiesen (S. 18). Von unvergänglichem Wert und 
klassischer Diktion ist seine Abhandlung über die „drei Kartenklippen“. 4 Neben 
vielen Karten hat er eine Übersicht der wichtigsten Karten Europas veröffentlicht, 
eine für allgemeine Zwecke brauchbare Generalrekapitulation, bei der außer der 
eminenten Beherrschung des Stoffes und der ebenso gediegenen als unparteiischen 
Kritik ganz besonders die praktische Einrichtung des Ganzen hervorgehoben zu 
1 Obwohl Vogel selber keins der Kartenblätter mehr gezeichnet hat, so hebt doch die Kritik 
überall die ungemein große Einheitlichkeit als das ausschließliche Werk ihres befähigten Leiters 
hervor. Vogel wußte eben, wie H. Wagner in dem Nekrolog über C. Vogel (P. M. 1897, S. V) 
sagt, seinen Mitarbeitern einen Geist gleichgerichteter Auffassung einzuflößen, der sie nach gemein 
samem Ziele streben ließ. J. Partsch begründet in der Schlesischen Zeitung (1893) die praktische 
Bedeutung der Karte folgendermaßen: „Sie stellt sich die Aufgabe, das Terrainbild, die Beschaffen 
heit und Waldbedeckung des Bodens, die menschlichen Ansiedlungen, das Netz aller Wege Verbindungen 
mit so weitgehender Unterscheidung ihres Charakters und ihrer Leistungsfähigkeit zu bieten, daß 
Heeresbewegungen im großen und einzelnen danach geregelt werden können;“ und nachdem er 
weiter darauf hingewiesen, daß für die praktischen Aufgaben der Terrainbenutzung selbstverständlich 
Karten großem Maßstabes nicht entbehrlich sein werden, fügt er hinzu, „daß eine diesen Forderungen 
entsprechende Karte auch jedem andern Zwecke des ernstem Studiums und der Bereisung, wenn sie 
etwas größere Flächen umspannen sollen, völlig Genüge tut.“ — Über die zweifache Ausgabe der 
Vogelschen Karte 1:500000, 27 Bl. (Gotha 1891—1893) vgl. L. Neumann in G. J. Bd. XVII. 
1894, S. 183. — Ein ähnliches Lob wie der Vogelschen wird auch der Karte von Lepsius: Geologische 
Karte des Deutschen Reiches (1:500000, 27 Bl., Gotha 1894—1897) gespendet. — Der Verlag 
J. Perthes hat sich den Dank der verschiedensten Interessenkreise erworben, daß er 1907 noch eine 
wohlfeile Umdruckausgabe der durch die Art der Herstellung bedingten nicht ganz billigen Vogel 
schen Karte herausgab. — P. Langhans hat Vogels Karte neu bearbeitet (1917) und um 6 Blätter 
erweitert, nach S üb. d. Alpen zwischen Genf und Agram, im O üb. die deutschen Kronländer 
Österreichs. 
2 Vgl. E. Behm im Nekrolog über Aug. Petermann. P. M. 1878, Blatt 4. 
3 Unter den Schülern Petermanns seien genannt: E. G. Ravenstein, Br. Hassenstein, 
E. Debes, L. Friederichsen, H. Habenicht, A. Welcker, Fr. Hanemann, Chr. Peip, 
Br. Doman und Otto Koffmahn. 
4 E. v. Sydow: Drei Kartenklippen. G. J. I. 1866, S. 348—361. — Wieder abgedruckt 
bei O. Krümmel: Ausgewählte Stücke aus den Klassikern der Geographie. Kiel u. Leipzig. I. 1904, 
S. 161-174.
	        
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