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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländcdarstellung.
schmack und Voreingenommenheit kritisiert. Daß z. B. die Schichtlinien zur Über
ladung der Spezialkarte 1 : 75 000 wesentlich beitragen, wie G. Bancalari meint 1 ,
habe ich bereits zurückgewiesen (s. S. 547). Das Unregelmäßige, bzw. das Inäqui
distante der Schichtlinienent fernung spielt die Hauptrolle bei den Höhenschicht-
karten, wo es auch noch ausführlicher berücksichtigt werden soll.
361. Bezifferung und graphische Differenzierung der Schichtlinien. Während die
Karten an Überfluß von Signaturen und Namen leiden können, ist bezüglich der
Zahlen an den Schichtlinien noch keine Klage über zu reiche Fülle laut geworden. Ohne
Zahl ist die Schichtlinie ein Wesen ohne Seele. Die Zahl gibt ihr Leben und Wert.
Kurz und gut: Ohne Höhenzahl keine Schichtlinie. Hinwiederum muß man sagen:
Die Isohypse ist der graphische Dolmetsch einer an sich abstrakten Zahl und verleiht
dieser erst Anschauungskraft. 1868 bereits sagte V. v. Streffleur, daß die Schicht
linienkarten ,,ohne eingetragene Höhenkoten keinen andern Wert als die alten Karten
mit senkrechten Schraffen ohne Koten haben, die heutzutage niemanden mehr be
friedigen können.“ 1 2 Darum soll man mit dem Einschreiben von Zahlen in und an die
Isohypsen, besonders an den Kartenrändern nicht allzu sparsam sein. Gerade auf den
offiziellen Karten, nicht bloß des In-, sondern auch des Auslandes, könnten die ein
zelnen Linienzüge öfter mit der ihnen zukommenden Zahl unterbrochen werden. 3
Für Karten, die Gelände nicht wesentlich über 1000 m hoch veranschaulichen, ist
es nicht ungeschickt, wie auf der Harzkarte in 1 : 50000 4 , die 100-m-Schichtlinien
mit Funkten zu unterbrechen, wodurch die verschiedenen 100 m ausgedrückt werden,
z. B. 800 m • • , 900 m . Nun ist dieses
Verfahren ja ganz gut, und 10—15 Punkte lassen sich allenfalls noch überblicken,
geht es aber auf die 20 und mehr Punkte, dann ist mit dem Auszählen der Punkte gar
nichts gewonnen, bloß Zeit und Baum verschwendet, und eine Zahl tut viel besser
ihre Schuldigkeit als ein Punkt.
Werden die 100-m-Intervalle noch in verschiedene Gleichentfernungen zerlegt,
wie in 10 zu 10 m oder 20 zu 20 m oder 25 zu 25 m, zeichnet man bestimmte, ge
wöhnlich die lOOmetrigen, mit Druck oder Signatur besonders aus. Man unterschied
auf diese Weise bereits vor Jahren Haupt- und Zwischenschichtlinien. 5 In Punkten
und Strichen hat man die Mittel in der Hand, die Schichtlinien noch weiterhin unter
schiedlich zu gestalten, d. h. sie anschaulicher dem Beschauer zu repräsentieren. Ein
Muster dieser Art stellen die Schichtlinien auf der Topographischen Landeskarte
des Herzogtums Braunschweig im Maßstab 1 : 10000 dar; auf ihr zeigen sich die
100 m-Schichtlinien als stark gestrichelte Linien , die 50 m-Schichtlinien
1 G. Bancalari: Studien üb. d. österreichisch-ungarische Militärkartographie. S.-A. aus d.
Organ der militärwiss. Vereine. Wien 1894, S. 31.
2 V. v. Streffleur: 77 gegenwärtig noch in Anwendung stehende Mittel zur Ausführung der
Bergzeichnung. Ein Bericht üb. d. diesfälligen auf d. Pariser Weltausstellung 1867 exponierten Ar
beiten. S.-A. aus der österreichischen militärischen Zeitschrift. I. Wien 1868, S. 29.
3 Innerhalb eines Meßtischblattes 1:25000 ist es wegen des Mangels an bezifferten Isohypsen
oft recht schwer, die Höhen zu bestimmen. Hier haben die deutschen Meßtischblätter viel nach
zuholen .
4 Zitiert bei P. Kahle: Betrachtungen zu Höhenlinienkarten. G. A. 1920, S. 154.
5 Beispiele dieser Art bringt Bardin: La topographie. Metz 1859. — Auch die 1867 auf der
Pariser Weltausstellung zu sehende Originalzeichnung eines Blattes von England des ,,Ordnance
Survey of Great Britain“ in 1:10560 zeigte die 100-Fußschichtlinien in verschiedener Dicke.