Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die farbige .Schichtlinie und die Pseudokörperlichkeit der Schichtlinie. 
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als fein gestrichelte Linien — — und die dazwischen liegenden 25 m- Schicht 
linien als Strich-Punkt-Strich-Punkt • 
III. Die farbige Schichtlinie und die Pseudokörperlichkeit der Schichtlinie. 
362. Die Realität der Schichtlinie. Die farbige Schichtlinie. Kaum ein zweites 
Kartenelement von der Bedeutung der Schichtlinie ist so ideell gewannen und ideell 
zu denken wie die Schichtlinie; repräsentiert sie tatsächlich doch nur eine Linie, die 
nirgends in der Natur vorkommt. Mithin ist ihr Dasein auf der Karte durchaus ein 
gemachtes, ein künstliches, wenn auch schon mehr als eine bloße Diktion. Daran muß 
festgehalten werden, wenn man das Wesen dieser gesamten Linienscharung richtig 
würdigen will. 1 Will man unbedingt der Isohypse eine Realität zuerkennen, was meist 
aus dem Vergleich mit der Schraffe resultiert, mag (immer wieder) daran erinnert sein, 
daß die Böschungsschraffe wirkliche Flächenelemente versinnbildlicht, dagegen die 
Schichtlinie das Gelände in Stufen zerschneidet, wie sie der Natur nicht entsprechen. 
Daß die Schichtlinien als mehr oder minder ideelles Element empfunden wurden, 
das wie das Gerüst eines Hauses zum Aufbau des Geländebildes notwendig ist, aber 
nach Fertigstellung des Baus zu verschwinden hat, lehren uns die Erstlinge wissen 
schaftlicher Schraffenkarten, in Deutschland sowohl wie in Frankreich und andern 
Ländern. Das w'ar am Anfang des 19. Jahrhunderts der Fall; in der Mitte des Jahr 
hunderts beschäftigte man sich schon mehr mit dem Gedanken, die Schichtlinien als 
Geländegerippe auf der Karte stehen zu lassen. Doch bewahrte man das richtige 
Empfinden, daß sie gegenüber den Gebirgsschraffen ein besonderes eigenartiges Element 
sind; man zeichnete sie farbig. E. Fischer empfahl, sie in rotbrauner Färbung, terra 
di sienna, zu bringen 1 2 , damit sie „von den die Situation darstellenden Linien unter 
schieden werden können und etwas hervortreten; schwarz gehaltene Niveaukurven 
erfüllen ihren Zweck nur unvollkommen.“ 3 Auch hat die schwarze Isohypsenlinie 
zu wiederholten Malen zu Verwechslungen mit Flußläufen oder Wegstrecken Ver 
anlassung gegeben. Durch Farbe schied man sogar Haupt- von Neben- oder 
Zwischenschichtlinien, indem man jene rot und dick und diese zart und schwarz 
zeichnete oder auch umgekehrt. 4 Die Schichtlinien der offiziellen Karten des In- und 
Auslandes erscheinen heute zumeist in mehr oder weniger rotbrauner Farbe. Selbst 
auf den großmaßstabigen Karten, die während des Kriegs von Freund und Feind 
1 Bei diesen Betrachtungen will ich gar nicht so weit gehen wie K. Peucker, der aus der „Dis 
kordanz zwischen dem reinen Gedanken und seinem sinnlichen Ausdruck“ schließt, „daß nicht einmal 
eine Unvollkommenheit eine vollkommene Unvollkommenheit sein kann. Der schärfste Mathematiker 
vermag keine echte Linie zu ziehen, es haftet ihr immer etwas Ungeometrisches an: ihre Dicke“; s. 
Drei Thesen z. Ausbau der theoretischen Kartographie. G. Z. 1902, S. 147. 
2 E. Fischer: Über äquidistante Niveaukurven. Aarau 1869, S. 17. 
3 In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war die Karte des Kantons Zürich 1:50000 
mit 40-m-Schichten wegen der roten Schichtlinien berühmt geworden. Isohypsen von rotbrauner 
Farbe und 100 Fuß Gleichentfernung zeigte die Spezialkarte von Kurhessen, 1:25 000. Die Karte von 
Hohenzollern, 1:50000, erschien auch in einer Ausgabe mit rotbraunen Schichtlinien. 
4 Die Carte de Belgique 1:40000 war mit dicken schwarzen Hauptschichtlinien und feinen 
roten Zwischenschichtlinien in 5 m-Abstand herausgegeben worden, in den 60er Jahren; zur selben 
Zeit die Karte „La France“ von Calmelet mit dicken roten Hauptschichtlinien und feinen schwarzen 
Zwischenschichtlinien. 
Eckert, Kartenwissenscliaft. I. 
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