Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die farbige Schichtlinie und die Pseudokörperlichkeit der Schichtlinie. 
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vor Jahrzehnten sagte 1 , zusammenhängende in sich zurücklaufende Linien, also end 
lose Kurvenlinien, dagegen die Schraffen Teilstücke einer geraden oder gebogenen 
Linie (Schwungstriche), also Linien mit Anfang und Ende. Es gibt indes eine Art 
von Horizontalschraffur, wenn man so sagen darf, die neben wenig geschlossenen, 
kreisförmigen Linien Bruchstücke von Isohypsen benutzt; mir ist bis jetzt außer in 
Bruchstücken von Geländeaufnahmen nur eine derartige unnatürlich wirkende Ge 
ländedarstellung begegnet 1 2 , die in folgender Weise ausgeführt ist: 
Noch mehr wird von dem w r ahren Wesen der Schichtlinie abgerückt, wenn man 
die ideelle, nur eben gerade sichtbar gemachte Linie in ihrem Habitus verändert und 
ihr somit Wirklichkeitswert aufzuoktroyieren sucht. Nach dieser Kiclitung liegt ein 
älterer bemerkenswerter Versuch von Er. Keil in der Orographisch-pliysikalischen 
Karte des Großglockners und seiner Umgebung in 1 : 100000 vor. 3 Die braunen 
Schichtlinien sind von 100 zu 100 Wiener Klafter gezogen 4 , also in beträchtlich großen 
Abständen. Da die Schichtlinien nicht dicht genug für eine Hochgebirgskarte waren, 
und es somit an der gewünschten Wirkung fehlen ließen, half sich Keil dadurch, daß 
er sie nach den höhern Lagen zu mehr und mehr verstärkte. 
Frühzeitig setzt ein anderer Versuch ein, die Niveaukurven an den steilen 
Partien kräftig wiederzugeben und sie nach den sanfter geneigten Flächen in feinere 
Linien übergehen zu lassen. Diese Idee, wenn auch nicht mit Konsequenz, so doch in 
einem gewissen Grade von Schönheit durchgeführt, finden wir in der Karte von 
E. Michaelis: Carta della Bepublica e Cantone del Ticino e dé suoi Contorni Lombardi, 
1 : 400000 aus dem Jahre 1847. 5 Streng konsequent befolgt, begegnet uns die Idee 
weiter in den Geländezeichnungen auf den Plänen zu Ed. v. Todlebens Werk über 
die Belagerung von Sebastopol. 6 V. v. Streffleur 7 bezeichnet dieses Werk als „welt 
berühmt“, besonders in Hinsicht auf die Karten, und wer spricht heute noch davon? 
Und doch wäre es undankbar vonseiten des Kartenwissenschaftlers, dieser Karten 
nicht mehr zu gedenken. Die Ubersichtspläne bringen allerdings keine Höhenangaben, 
und man ist versucht, die Höhenlinien darauf nur als Formlinien zu betrachten, in 
dessen geben die Pläne großem Maßstabs Aufschluß, wo jede Kurvq^beziffert ist, 
und das Bild im großen ganzen auch ästhetischer wirkt. Die Todlebenschen Karten 
wurden zu ihrer Zeit als bedeutende Originalwerke betrachtet und geachtet. Das 
trifft jedoch nicht ganz zu, da Teile davon Kopien aus dem französischen Atlas „La 
1 A. Petermann: Neue Karte von den britischen Inseln und dem umliegenden Meer. P. M. 
1864, S. 17. 
2 So auf der Karte von Ed. Naumann: Geological Survey of Japan 1:400000. Tokio 1884. 
2 P. M. 1860, T. 4. Die Karte selbst rührt nicht von A. Petermann her, wie v. Streffleur 
annimmt, a. a. O., S. 29. 
4 1 Wiener Klafter = 6 Fuß = 1,896 m. 
5 Über Darstellungen mit verstärkten Niveaukurven vor 1850 vgl. A. Steinhäuser: Bei 
träge zur Geschichte der Niveaukarten. Mit. d. Geogr. Ges. in Wien 1858, S. 67. — Über die ähnlichen 
Darstellungen auf der Pariser Weltausstellung 1889 von Randegger und auf der Ausstellung des 
Intern. Geographentages zu Bern von A. Prinzl (Wiener Handzeichnung). Vgl. K. Peucker: Schatten 
plastik und Farbenplastik. Wien 1898, S. 65. 
6 Ed. v. Todleben: Die Verteidigung von Sebastopol. 2 Bde. mit Atlas. St. Petersburg 1864. 
7 V. v. Streffleur, a. a. 0., S. 28. 
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