Der wissenschaftliche Aufbau der Höhenschichtkarteu.
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den alpinen Regionen noch höhere Stufen, 200 zu 200 m (Peucker) 1 oder 250 zu 250 m
und 500 zu 500 m (Schjerning). 1 2 Unregelmäßige Stufenhöhen treten Gott sei Dank
selten auf, wie z. B. auf Brackehuschs argentinischer Karte. 3 Daß die Stufen nach
der Höhe progressiv wachsen, wie von 100 auf 500 m, ist eine beliebige Manier. Ein
Musterbeispiel dieser Art ist die Höhenschichtkarte vcn Bayern in 1:250 000. 4
Nicht so ausgeprägt ist das Progressive auf der hypsometrischen Übersichtskarte
des größten Teiles der österreichisch - ungarischen Monarchie in 1:750000, dagegen
in bedeutendem Maße in fast allen Kartenproben, die der Herausgabe einer ein
heitlichen Luftschifferkarte galten. Moedebeck, seinerzeit Präsident der Inter
nationalen Kommission für Luftschifferkarten, ging von der Tatsache aus, daß die
meteorologischen Stationen in ihren Veröffentlichungen die Windstärke in verschiedenen
Höhenstufen geben, was sich in der Luftschifferkarte widerspiegeln muß (vgl. S. 290
u. 291). 5
Die Bedeutung der Gleichabstufigkeit wird meist übersehen und von der Kritik
zu leicht genommen. Unstreitig haben die gleichen Intervalle großen Wert. Die Aus
dehnung der einzelnen gleich hohen Geländepartien werden viel leichter überblickt
und in ihrer Ausdehnung und Bedeutung für den orographischen Aufbau des Terrains
besser gegenseitig abgewogen als bei inäquidistanten Schichtlinien. Die Abstände
progressiv wachsen zu lassen, ist mehr oder minder ein Notbehelf, entstanden, um
einmal die Earbenfolge nicht zuvielgliedrig werden zu lassen und sodann bei den noch
vielfach ermangelnden Höhenkoten die Zuflucht nicht zu vielen Interpolationen
nehmen zu müssen. Selten werden mit den wachsenden Zwischenräumen wissen
schaftliche Momente verbunden. Wo dies aber der Fall ist, werden wir zu den Regional
farben Sydows hinübergeführt.
308. Die Regionalfarben. Bei der Klassifizierung der Berge nach ihrer Höhe
kommt A. v. Humboldt auf eine Idee, die sich in der Folge nicht verwirklicht hat;
er wollte dem Gedächtnis dienen, das er mit zu großen Zahlen nicht belasten wollte.
Im Hinblick darauf sagt er: „So sollte man — wie ich glaube — für ganz kleine Er
höhungen (eine Knospe, eine Warze) nur das Millimeter, für eine etwas größere,
z. B. für einen Maulwurfshaufen, das Zentimeter, für einen Tumulus (Grabhügel)
das Dezimeter, für die natürlichen Hügel das Meter, für einen Berg mittlerer Höhe
das Dekameter, für einen Berg erster Größe das Hektometer anwenden.“ 6 Humboldt
trug hierbei viel zu wenig den psychologischen Gesetzen Rechnung, denn die ver-
1 K. Peuekers Karte des Dolomitengebietes in seiner Arbeit über die „Höhenschichten
karten“. Stuttgart 1910.
2 W. Schjerning: Höhenschichtenkarte des Pinzgaus. 1:250000. Forschgn. zur deutsch.
Landes- u. Volkskunde. X. 2. Heft. Beilage 10. Stuttgart 1897.
3 L. Brackebusch: Höhenschichtenkarte des nordwestlichen Teils der argentinischen Republik.
1:3000000. P. M. 1893, T. 10. 100—200 m hellgelb, bis 500 m gelb kräftig, bis 1000 m hellgrün,
bis 1500 m dunkelgrün, bis 2400 m hellblau, bis 3000 m dunkelblau, bis 4000 m wäßrig hellbraun,
bis 4500 m hellbraun, bis 5000 m hellrot, bis 5500 m dunkelrot, bis 7000 m weiß.
4 Höhenschichtenkarte von Bayern. 1:250000. Ausgabe 1906. 300—400 m dunkelgrün,
bis 500 m hellgrün, bis 600 m hellgelb, bis 800 m mittelgelb, bis 1000 m bräunlichgelb, bis 1200 m
hellbraun, bis 1500 m mittelbraun, bis 2000 m braun, bis 2500 m dunkelbraun, bis 3000 m rot.
5 Moedebeck: Die Luftschifferkarte des Deutschen Luftschifferverbandes. P. M. 1909,
S. 26. (Kartographischer Monatsbericht S. 56.)
6 Aus „Briefwechsel v. Humboldts mit Heinrich Bergbaus“. 2. Ausg. T. Jena 1869, S. 222. —
Vgl. auch Annales des Sciences naturelles. XIII. 1828, S. 420.