Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Der wissenschaftliche Aufbau der Höhenschichtkarten. 
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sucliung moderner Höhenschichtkarten unsere Blicke wieder nach Wien gerichtet 
sind ? Seit Jahrzehnten in Wien kartographisch praktisch arbeitend und gleichfalls un 
ermüdlich wissenschaftlich arbeitend und aufklärend, hat K. Peucker es unter 
nommen, die Farben der Höhenplastik durch ein strenges Gesetz zu regeln, daß sie 
nicht mehr der schwankenden Willkür des individuellen Geschmacks anheimfallen. 
Seine Verdienste sind so bedeutend, daß ich ihnen das Schlußkapitel meiner Unter 
suchungen über die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung gewidmet 
habe; denn die farbenplastischen Geländedarstellungen stehen auch heute trotz aller 
widrigen Zeitläufte unstreitig mit im Mittelpunkte kartographischen Denkens und 
Schaffens. 
371. Die Grundsätze der Leipziger Schule. 1 Die Zahl derjenigen, die sich mit den 
theoretischen Prinzipien der Farbenfolge auf Höhenschichtkarten befaßt haben, ist 
klein und mit dem oben Yorgetragenen beinahe erschöpft, dagegen zahlreich sind die 
praktischen Versuche, in denen sich hin und wieder eine gewisse Gesetzmäßigkeit 
der Farbenskala erkennen läßt. Die ersten umfassendem Höhenschichtkarten eifern 
darin, ein recht buntscheckiges Bild zu geben; die Farben harmonieren keines 
wegs, schreiende und das Auge beleidigende Gegensätze zerreißen das Kartenbild 
im allgemeinen wie im besondern. Eine natürliche Beaktion war nun die Karte mit 
steigender Intensität einer einzigen Farbe. Braun war der von Natur gegebene Farb 
ton, der oft mit großem Geschick angewandt wurde, wie durch H. Lange, be 
sonders jedoch durch 0. Delitsch, der den Hauptakzent bewußt auf den Ausdruck 
der Höhenverhältnisse legte. Fr. v. Hauslab hob schon seinerzeit hervor, daß die 
Weltkarten von C. Vogel und 0. Delitsch, Leipzig 1855, die ersten sind, die eine 
Farbenreihe konsequent, ganz in seinem Sinne gesteigert haben. 
In der Hauptsache dominiert bei den Karten von Delitsch das Hauslabsche 
Prinzip: je höher, desto dunkler, weil es sich vor allem sehr praktisch erwies, insofern 
die höher gelegenen Geländepartien als die unzugänglichem, kultur- und siedlungs- 
ärmern weniger Situationszeichen erfordern als die tiefem und darum die Verdunkelung 
besser als die tiefer gelegenen vertragen. 
Eine merkwürdige Manier bildet sich in dieser Kichtung aus, den Kulminations 
punkten des Landes eine widernatürliche isolierte Stellung zu geben. 0. Delitsch 
ließ das Braun der Stufen, bei denen er als erster schon eine größere Anzahl von Voll 
tönen verwandte, nach seiner konsequenten Manier in Schwarz für die höchsten Er 
hebungen enden. Das empfindet man immer noch als natürlich. Hingegen sie w r eiß 
auszusparen, wie es oft geschieht 2 , nachdem der Farbton mit wachsender Intensität 
bis zum Gipfel hinangeführt worden ist, kann weder wissenschaftlich noch ästhetisch 
befriedigen. Absurd ist die Hervorhebung der höchsten Gipfel mit Grün, wie es die 
Karte von Chile von A. Petermann zeigt, nachdem für die einzelnen Stufen bereits 
gelbe, braune, rote und violette Farbtöne verwendet worden sind. 3 Und doch ist die 
besondere Hervorhebung der Kulminationspunkte nicht ganz von der Hand zu weisen, 
wenn es sich um bestimmte Zwecke handelt. Ein bedeutender bayrischer General, 
1 Vgl. damit § 282. 
2 Sogar auf offiziellen Karten, wie auf der „Hypsometrischen Übersichtskarte des größten 
Teiles der österreichisch-ungarischen Monarchie“, 1:750000. 
3 S. Petermann: Karte von Chile. Nach der Landesaufnahme in 1:250000 reduziert auf 
1:1500000. P. M. 1875, T. 3.
	        
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