Zur Raumwirkung der Farben.
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färben mit Grau getrübt, bis sie durch matte ¡Schattierungen hindurch unten in einem
durchsichtigen Grau enden; oder von unten mit einem blaugrünlichen Grau angefangen
geht es über Graugrün, Grün, Gelbgrün und grüngelbliche Stufen zu den mittlern
Höhen in lichtbräunlichem Gelb und von da über Orangegelb, Gelborange, Orange,
Rotorange, Orangerot zum Rot. Diese Skala geht einerseits auf die Ungleichheit
der Brechungsexponenten der Spektralfarben zurück und andererseits auf die Un
gleichheit der Pupillenweite gegenüber den lichtschwachen und lichtstarken Flächen,
weshalb sie Peucker als die spektral-adaptive Farbenreihe bezeichnet.
Sie ist die logische Folge aus Peuckers färben- und kartentechnischen Untersuchungen
und durchaus nicht eine ,,zu sehr ins Extreme getriebene Farbenskala“, als welche
sie F. Becker bezeichnet. 1
In der Vereinigung der drei Grundprinzipien hat Peucker das geeignete Mittel
gefunden, den farbenplastischen Forderungen für Karten voll und ganz zu genügen.
In jeder farbigen Empfindung läßt sich der Rest einer Spektralfarbe, die den Farb
ton bedingt, nachweisen, desgleichen ein Anteil an Schwarz, also aus der ersten Reihe
farbiger Abwandlung, und ein Anteil an Weiß, demnach aus der zweiten Reihe; mit
andern Worten gesagt, jede Pigmentfarbenfläche ist aufzufassen als der Rest des
Sonnenspektrums, der von dem Stoff der Farbe nicht absorbiert, wohl aber reflektiert
wird, wobei Schwarz die volle Absorption, Weiß die volle Reflexion darstellt. Die
Abstufungen der einzelnen Farbentöne dürfen nicht sprungweise vorgenommen
werden, sondern harmonisch nach bestimmten Gesetzen, während für andere farbige
Geländedarstellungen die Luftperspektive (Schweizer Manier) oder die Naturbeob
achtung (E. v. Sydows Regionalfarben) lediglich Leitmotive sind. Da jede Pigment
farbe aus drei Komponenten: Spektralfarbe, Weiß und Schwarz in bestimmten
Anteilen besteht, kam es Peucker zunächst darauf an, diese Anteile genauer zu be
stimmen und sodann einen Weg zu finden, der sie in den wissenschaftlich geleiteten
Farbendruck überführt. Bereits leuchtet auf diesem Wege der Name A. v. Hübl,
dessen Methode der Untersuchung stofflicher Grund- und (Raster-) Mischfarben
den einwandfreien Drei- bzw. Vierfarbendruck bezweckt. 1 2 Dabei wäre das Abstufungs
gesetz von E. H. Weber als Konstruktionsgesetz zu berücksichtigen, nach dem sich
die Unterschiedsempfindung nur dann gleich bleibt, wenn die Unterschiede propor
tional den absoluten Größen der Reize wachsen. 3
Sprechen wir von der raumbildenden Wirkung der Farben, müssen wir mit
Peucker direkt von einem Farbenraum sprechen, der selbstverständlich nur ein
Teil des Gesichtsraumes ist, der sich uns in Formen und Farben darbietet. Das
Körperlichsehen geht nicht allzuweil, für das menschliche Auge kaum über einen
halben Kilometer hinaus. Es wird in die Raumtiefe hinein durch das Räumlichsehen
abgelöst, was vorzugsweise durch die Farben unterstützt wird. „Das Körperlichsehen
ist ein Greifen mit der Hand, dem Auge übertragen zur Erweiterung des Tastraumes,
das Räumlichsehen ein Begehen mit dem Auge, um den Bewegungsraum immer gegen
1 F. Becker: Die schweizerische Kartographie i. J. 1914. Landesausstellung in Bern. Wesen
u. Aufgaben einer Landesaufnahme. S.-A. Schweiz. Z. f. Artillerie u. Genie. Frauenfeld 1915, S. 6.
2 A. v. Hübl: Die Dreifarbenphotographie. 1897; 2. Aufl. 1902, i. d. Enzyklopädie d. Photo
graphie, H. 26. Halle a. S.
3 K. Peucker: Höhenschichtenkarten, a. a. 0., S. 70, 86. — Vgl. ferner E. H. Weber:
Über den Kaumsinn. In Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss.; Math.-phys. Kl. Jahrg. 1852, S. 85—164.