Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die Karte an sich. 
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sodann zu dem von speziellen Zwecken geleiteten Kartenindividuen, bzw. Karten 
gruppen überzugehen. 
Unstreitig ist die vornehmste Aufgabe der Karte die, das Erdganze oder ein 
größeres oder kleineres Stück davon in die Ebene zu projizieren und so ein verkleinertes 
Abbild der Erdoberfläche zu liefern, oder wie J. L. de Lagrange 1779 bereits sagte: 
„Eine geographische Karte ist nichts anderes, als eine ebene Figur, die die Erdober 
fläche oder einen Teil derselben darstellt.“ 1 Noch kürzer heißt es in dem Artikel 
„Landkarte“ in der ökonomisch-technischen Enzyklopädie von J. G. Krünitz: 
„Die Landkarte ist die Abbildung des festen Landes, oder eines Theiles derselben, auf 
ebener Fläche.“ Nach diesen Definitionen wird also die Karte die auf die Horizontal 
ebene projizierte Lageverhältnisse der im Raume sichtbaren geographischen Objekte 
wiedergeben. Dadurch tritt sie als ein Grundriß des auf ihr dargestellten großem 
oder kleinern Teils der Erdoberfläche uns entgegen. 1 2 
Abgesehen davon, daß es nicht möglich ist, die Kugeloberfläche restlos auf die 
Ebene zu übertragen, ist es doch dem Grundriß oder besser: der Abbildung auf die 
Ebene, dem Planbild bei genügender Maßstabgröße eigen, die Nebeneinanderlagerung 
der geographischen Objekte so zu geben, daß ihre Ausmessungen und gegenseitige 
Vergleichung nach Lage und Fläche der Kugeloberfläche äquivalente Werte er 
geben. Äquivalente Werte kann die Karte einzig und allein nur in der zwei 
dimensionalen Wiedergabe von zweidimensionalen terrestrischen Erscheinungen 
schaffen, also im Grunde genommen nur von den in der Natur horizontal gelagerten 
Flächen. 
Die Karte schlechthin oder die Landkarte will neben Länge, Breite und Umriß 
die orographischen Verhältnisse der Erde zur Darstellung bringen, sie will die drei 
dimensionale Ausdehnung des Raumes in der zweidimensionalen der Fläche wieder 
geben, d. h. das Raumbild in ein Planbild Umsetzern 3 Der Körper ist der Inbegriff 
der drei Dimensionen. Er wird äquivalent nur durch ein ähnliches körperhaftes Ge 
bilde, was natürlich sehr verkleinert erscheinen muß, wiedergegeben, eigentlich nur 
durch das nicht überhöhte Relief. Infolgedessen sind die Anschauungswerte, die die 
Karte bezüglich der Darstellung der Erhebungsformen in sich birgt, nicht mehr äqui 
valente Werte, sondern bedingte Werte, ganz gleich, ob die Geländedarstellung 
auf hypsographischem oder schatten- oder farbenplastischem Wege gewonnen ist. 
Bei der Beurteilung von Karten handelt es sich zumeist um die Beurteilung der be 
dingten Werte, da man die äquivalenten, die in den großmaßstabigen Karten von 
1 : 25000 an und größer bis zu den Kataster- und Flurkarten ruhen, gewöhnlich still 
schweigend voraussetzt. Dem Charakter des bedingten Urteils entsprechend, müssen 
nolens volens auch derartige gern gebrauchte Epitheta, wie „naturwahr“ 4 (Peter mann) 
1 J. L. de Lagrange: Über die Construction geograpli. Karten. (Sur la construction des 
cartes géographiques. Nouveaux Mémoires de l’Académie royale de Berlin. Année 1779, S. 101 
bis 210.) Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften. Nr. 55. Leipzig 1894, S. 3. 
2 Vgl. A. Bludau: Üb. d. Wahl der Projektionen f. d. Länderkarten d. Hand- u. Schul 
atlanten. G. Z. I. 1895, S. 499. 
3 Vgl. K. Peucker: Zur kartograph. Darstellung d. dritten Dimension. G. Z. 1901, S. 22ff. 
— Al. Geistbeck: Eine Gasse f. d. Anschauung im Geographieunterricht. S.-A. aus d. Bayerisch. 
Z. f. Realschulwesen. XV. München 1894, S. 3. 
4 A. Petermann: Die Schweiz. P. M. 1864, S. 438. 
Eckert, Kartenwissenschaft. I. 4
	        
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