Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
ist das Gerippe des geographischen Studiums, die Natur und deren Bewohner sind 
das Fleisch und Blut“; Wharton: ,,Good maps are the foundation of geographical 
knowledge“. 1 
Mehr oder weniger eng mit dem Wesen der Karte hängt ihr Name zusammen. 
Spärlich treten uns Spuren über die Fjrforschung der Kartennamen entgegen, obgleich 
auch sie einer längern Untersuchung wert wären. A.Breusing ist, soweit ich die mir 
zugängliche Literatur überschaue, der einzige, der sich etwas ausführlicher mit dem 
Gegenstand befaßt hat, veranlaßt durch seine Forschungen über „La toleta de 
Marteloio und die loxodromischen Karten“. 1 2 
Breusing glaubt, daß wir das Wort „Karte“ den Portugiesen verdanken, von 
denen es zu den Spaniern gekommen ist. Auch im Italienischen begegnet uns die 
„carta“. Indessen ist es wohl auf das lateinische „charta“ (griech. = Papier 
zurückzuführen, wie auch der portugiesische, spanische und italienische Ausdruck 
„carta“ ursprünglich nichts anderes als Beisebrief, Urkunde, Zeugnis, Schriftstück 
bedeutet. 3 Daß A. v. Humboldt nach Breusing den Ausdruck carta nicht voll 
kommen richtig erfaßt hat, ist kaum zu bezweifeln; wenigstens ist die Carta rarissima, 
von der im Kosmos geschrieben wird 4 , keine Karte, wie Humboldt meint, sondern 
lediglich ein Bericht. Dagegen ist die „Carta de marear“ (womit ursprünglich Segel 
anweisungen bezeichnet wmrden) des Toscanelli tatsächlich eine Karte, als welche 
sie auch Humboldt erkannt hatte. 5 Es handelt sich um die Toscanelli-Karte vom 
Jahre 1474, deren Rekonstruktion uns H. Wagner in mustergültiger Weise gegeben 
hat. 6 Breusing selbst teilt eine Stelle aus dem Briefe Toscanellis an den Canonicus 
Martinez in Lissabon mit, worin carta für Karte in unserm heutigen Sinne ge 
braucht wird. 
Wenn Breusing annimmt, daß das französische „carte“ (carte géographique) 
keine organische Bildung aus dem lateinischen „charta“ und auf das Spanische, bzw. 
Portugiesische zurückzuführen sei, irrt er, denn charte und carte sind in gleicher Be 
deutung im Französischen belegt. In der deutschen Sprache tritt „Charte“ zum 
ersten Male in der „Uslegung der Meer-Charten“, Straßburg 1530 von Laurenz Fries 
auf. In Anlehnung an diese Wortbildung erscheint viel später erst (im 17. Jahrh.) 
die Bezeichnung „Land-Charte“, die sich bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts erhält. 
W. v. Goethe schrieb zunächst noch „Charte“ für Landkarte, im Unterschied zu 
den andern Karten (Spielkarten usw.), trotzdem wir zu jener Zeit auch schon von 
Landkarte, Kupferkarte lesen. 
Was wir als Karte bezeichnen, nannten die Griechen „nund die Römer 
„tabula“. Vor der Renaissance entstand bereits die Ausdrucksweise „mappa mundi“, 
wie wir z. B. auf einer Karte von Marino Sanuto aus d. J. 1320 sehen. Daneben 
gibt es in den romanischen Sprachen noch andere Synonyme, wie figura, pintura, 
1 Geography. By Rear-Admiral W. J. L. Wharton. The National Geographical Magazine. 
1905, S. 485. 
2 A. Breusing in Kettl. Z. f. wiss. Geogr. II. Lahr 1881, S. 191, 192. 
3 In dieser Bedeutung tritt rms z. B. „charta“ in der berühmten ersten Grundlage der eng 
lischen Verfassung, der „Magna charta libertatum“ v. J. 1215 entgegen. 
4 A. v. Humboldt: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. II. Stuttgart 
und Tübingen 1847, S. 305. 
5 A. v. Humboldt, a. a. O., S. 300, 474. 
6 H. Wagner: Die Rekonstruktion der Toscanelli-Karte v. J. 1474 und die Pseudo-Facsimilia 
des Behaim-Glôbus v. J. 1492. Nachr. d. K. Ges. d. Wiss. zu Güttingen 1894, S. 208—312.
	        
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