Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
graphischer Natur sind, jene von E. Hammer zuerst in sichere Form gebracht 1 , diese 
von H. Fischer. 1 2 
Zu der Richtigkeit gesellt sich die Vollständigkeit, die namentlich durch 
den der Karte abgesteckten Rahmen und den Maßstab geregelt wird. Eine topo 
graphische Karte entspricht aus natürlichen Gründen mehr der Forderung an Voll 
ständigkeit als die chorographische Karte. Die Vollständigkeit bezieht sich hier, wie 
die Genauigkeit, auf den Karteninhalt. ' Jede Karte muß, ganz gleich ob sie topo 
graphischer oder mehr angewandter Art ist, durch ihren Inhalt, der immer eine gewisse 
Vollständigkeit zeigen muß, einen Schluß auf den Stand der geographischen Wissen 
schaft erlauben. Bei der Vollständigkeit des Karteninhaltes hat zweifellos der Maßstab 
das erste und letzte Wort zu sprechen. Von der absoluten Vollständigkeit der groß- 
maßstabigen topographischen Karte steigen wir durch die einzelnen Maßstäbe graduell 
zur relativen Vollständigkeit der chorographischen Karte hinab. 
Eng verschwistert mit den vorgenannten Eigenschaften ist die Zweckmäßig 
keit. Ein und dasselbe Erdoberflächenstück wird anders als rein topographische Karte, 
anders als Touristenkarte, anders als Militärkarte, anders als Wirtschaftskarte, anders 
als Schul,- Hand- oder Wandkarte dargestellt. Zweckmäßig muß vor allem die ganze 
Anlage eines Kartenwerkes sein, mit bedingt von der richtigen Wahl der Projektion. 
Zweckmäßig ist das Orientierungs-, das Vergleichskärtchen innerhalb des Rahmens 
einer großem Karte. 3 Zweckmäßig ist das Verläßlichkeitsdiagramm, das uns über 1 
die verschiedenen Aufnahmen eines großmaßstabigen Kartenwerkes unterrichtet. 
Zweckmäßig ist das alphabetische Namenverzeichnis der Karte. Und zweckmäßig 
muß das Format der Kartenblätter sein. In einem Atlas, namentlich in einem Schul 
atlas, müssen tunlichst die Querkartenblätter vermieden werden, um bei der Benutzung 
das fortwährende Drehen des Atlas zu vermeiden. 4 Verschieden ist die Anforderung 
an die Karte vonseiten des Wissenschaftlers, des Reisenden, des Seemanns, des Soldaten, 
des Rad- und Kraftwagenfahrers, des Landmanns, des Kaufmanns, des Wasserbau 
technikers, des Regierungs- und Verwaltungsbeamten. Der Interessen- und Interessenten 
kreis der Karte wächst von Jahr zu Jahr. 5 Anlage und Inhalt für einen bestimmten 
Zweck abzustimmen ist sicherlich keine leichte Aufgabe; was Wunder, daß wir gerade 
nach der Seite der Zweckbestimmung so vielen Fehlschlägen begegnen. Nur zu oft 
entspricht der Inhalt der Karte nicht dem, was sie will oder ihr anpreisender Titel ver 
spricht. Sie sinkt dann zur bloßen Ware herab. 6 Zufriedenstellende Resultate mit der 
Herstellung zweckmäßiger Karten hat man besonders auf schulkartographischem 
Gebiete erzielt. 
1 Auf die Hamm ersehen Arbeiten komme ich später, besonders in Teil 3, ganz besonders 
zu sprechen. 
2 H. Fischer: Zur Genauigkeit der Karte. G. Z. 1908, S. 185—197. 
3 Kleine Kärtchen von bekannten Gebieten auf dem Kartenblatt großer weniger bekannte 
Gebiete dienen vorzüghch dem Vergleich. Dieser pädagogisch wichtigen Forderung genügen jetzt 
mehr und mehr unsere Wand- und Schulatlaskarten. Im Handatlas ist dies Verfahren gleichfalls sehr 
nutzbringend, wie wir es zum ersten Male angewendet finden in der Ausgabe des großen Stieler bei 
der Jahrhundertwende; s. H. Wagner: Stielers Handatlas in neuer Gestalt. P. M. 1904, S. 7. 
4 In den Schulatlanten hat man darin erhebliche Fortschritte zu verzeichnen, weniger bei denHand- 
atlanten, die in dieser Richtung mit großen, nicht zu verkennenden Schwierigkeiten zu kämpfen haben. 
8 Wer dachte z. B. vor einigen Jahrzehnten an Schikarten oder an Wahlkarten und jetzt sind 
schon bestimmte Methoden für letztere ausgebildet worden, so von H. Wiechel, von H. Haack. 
B Gegen die „kartographische Ware“ zog schon vor langer Zeit E. v. Sydow ins Feld in „dem 
kartograph. Standpunkt am Schluß des Jahres 1859“. P. M. 1860, S. 461.
	        
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