Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Karte an sieh. 
Die Karte muß klar und verständlich sein. Sie muß das, was sie veranschau 
lichen will, unzweideutig ausdrücken. Sie muß es ermöglichen, von dem dargestellten 
geographischen Objekt dem Karten verständigen einen klaren Begriff (notio clara 
geographica) zu geben, d. h. einen solchen Begriff, der scharf von andern Begriffen 
unterschieden werden kann, so daß jede Verwechslung ausgeschlossen ist. Das ge 
schieht, indem das Begriffliche zusammengefaßt und das Unwesentliche ausgeschieden 
wird. Das begrifflich Zusammengehörige wird unter gleiche Signatur und Farbe ge 
bracht. Dadurch wird die Karte übersichtlich, was wesentlich die Klarheit der Karte 
fördert. Es ist dies ein halb unbewußtes Entgegenkommen dem menschlichen Geist 
gegenüber, der von früh auf sich Um- und Innenwelt begrifflich zurechte legt. 1 Inner 
halb der gleichen Kartengruppe wird je nach Zweck und Bedürfnis eine weitere begriff 
liche Scheidung vorgenommen. Beispielsweise müssen auf einer Verkehrskarte die 
verschiedenen Verkehrswege und -Systeme unterschiedlich (qualitativ wie quantitativ) 
zum Ausdruck kommen. So soll die gute Terrainkarte die Hochebenen von den Tief 
ebenen klar unterscheiden, die Kettengebirge von den Massengebirgen, die Steilküsten 
von den Flachküsten u. a. m. 
Ermöglicht es die Karte, daß selbst einzelne Merkmale des geographischen Ob 
jekts bis zu den einfachsten geographischen Elementen klar vorgestellt werden können, 
dann wird das geographische Objekt deutlich (notio perspicua geographica) erkannt; 
es ist damit vollständig bestimmt (distincta). Eine solche Karte könnte alsdann auch 
als deutlich bezeichnet werden. Dieser Forderung zu genügen, gelingt der Karte im 
allgemeinen nicht. Ganz abgesehen davon, daß hier der Maßstab gleichfalls ein Wort 
mitzureden hat, wird nur derjenige deutliche Begriffe aus dem Kartenbild herauslesen 
können, der sich jahrelang mit dem Kartenstudium beschäftigt hat und der dem 
wissenschaftlichen Gedankengang des Kartenzeichners zu folgen vermag. In bezug 
auf die begriffliche Deutlichkeit ist der Karte eine Schranke gezogen, die auch in Zu 
kunft nicht fallen wird. Dafür muß eben die geographische Beschreibung nachhelfen 
(s. Karte und Buch, § 28). Unter Klarheit der Karte sollte fürderhin nur die begriffliche 
verstanden werden. 1 2 Was jetzt allgemein als Klarheit der Karte bezeichnet wird, ist 
nichts anderes als die Lesbarkeit der Karte. Daß diese die Klarheit ganz hervorragend 
unterstützt, bedarf weiter keiner besondern Betonung. 
Die Karte soll lesbar und schön sein. Das Lesbare und das Schöne des karto 
graphischen Erzeugnisses liegen weniger auf der inhaltlichen, wissenschaftlichen als 
mehr auf der äußerlichen, technischen Seite. Die Lesbarkeit besteht in dem Arrange 
ment der Kartenzeichen und -namen, in der Sauberkeit und Schärfe des Stiches und 
Druckes. Die Schönheit beruht in der Eleganz des Stiches und Druckes, in der takt 
vollen Abstimmung der Situation (Flußstärke!), der Kartenzeichen und -namen zum 
gesamten Kartenbild, insonderheit bei den farbigen Karten noch in der geschmack 
vollen und sach- und sinngemäßen Anwendung der Farbe. 
Die dem verfeinerten Geschmack des großen Publikums entgegenkommende 
Leistungsfähigkeit der Technik erfordert auch eine äußerlich vervollkommnete Aus 
stattung. 3 Im Farbendruck haben wir ein glänzendes Mittel, der Karte inhaltlich mehr 
1 E. Friedrich: Die Anwendung der kartogr. Darstellungsmittel auf wirtschaftsgeogr. Karten. 
Habilit.-Schrift. Leipzig 1901, S. 8. 
2 So ist sich H. Zondervan in seiner Allgemeinen Erdkunde, Leipzig 1901, S. 176, 177, über 
den Begriff der Deutlichkeit nicht klar. 
3 Dies wurde schon vor vielen Dezennien von E. v. Sydow betont. Der kartograph. Stand-
	        
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