Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die Bedeutung der Karte. 
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der Geographie und Ethnographie zu wissen und zu verstehen brauchte.“ 1 Ein Muster 
der Zusammenfassung des geographischen Wissens einer Zeit in Wort, Bild und Karte ist 
die Kosmographie von Sebastian Münster, des ,deutschen Strabo“, die Y. Hantzsch 
wegen ihrer Vielseitigkeit und beispiellosen Verbreitung das Hauptwerk der gesamten 
geographischen Literatur des Reformationszeitalters nennt (s. auch Anm. 2 S. 85). 
Die Reform der kartographischen wissenschaftlichen Zusammenfassung lassen 
wir, wie die der kritischen Kartographie, mit der im Jahre 1554 erschienenen Europa 
karte von Mercator beginnen. Der geometrische Umriß gewann, indem geographische 
und astronomische Probleme gelöst wurden. Aber noch waren die astronomischen 
Ortsbestimmungen bis ins 18. Jahrhundert hinein eine seltene Ware. Nicht mehr als 
139 astronomisch festgelegte (zudem nicht durchgängig genau) Orte, von denen 20 auf 
Deutschland entfallen, finden sich in J. G. Doppelmayrs „Basis geographiae recen- 
tioris astronomica“ 1741. 1 2 Am 30.November 1773 wurden dem König Friedrich dem 
Großen der erste Band der Astronomischen Ephemeriden von der preußischen Akademie 
der Wissenschaften überreicht; in jene Zeiten gehören die Arbeiten von d’Alembert, 
Euler, Cassini, Lagrange, Lambert u. a. Mit dem Umriß gewann der Inhalt. 
Letzterer stieg zuletzt an Wert, eigentlich erst dann, als die trigonometrischen Auf 
nahmen einsetzten und genauer aufgenommene Karten aus den Geheimkabinetten der 
•Fürsten hinaus über alle Lande flatterten. Die die Topographie und Kartographie 
fördernden Arbeiten von Soldner, Bessel, Gauß stehen in der Geschichte der Wissen 
schaften unvergänglich eingeschrieben. In der Vereinigung von wissenschaftlicher 
Grundlage mit praktischem Werte leistet die Karte von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr. 
Auf diese Entwicklung ist Humboldts und Ritters Einfluß unverkennbar. C. Ritter 
trug das Kausalitätsprinzip in den Gang geographischer Betrachtungen hinein, was 
weiterhin bestimmend für die wissenschaftliche Kartographie wurde. Das sich über 
die Erde ausbreitende Beobachtungsnetz für meteorologische und erdmagnetische Er 
scheinungen führte auf die Initiative Humboldts zurück und im Anschluß daran zur 
kartographischen Fixierung dieser Erscheinungen. Karten zur Übersicht der Meeres- 
räume und des Weltverkehrs, historische und physikalische Atlanten entstanden in 
Frankreich und England sowohl wie in Deutschland. Zu einem Standard Work ersten 
Ranges für die geographische Wissenschaft entwickelte sich Herrn. Bergbaus’ Physi 
kalischer Atlas. An Fülle des Stoffes wird dieser Atlas von Bartholomews Physical 
Atlas übertroffen. 3 
Die systematische Zusammenfassung durch das Kartenbild ist sehr wohl geeignet, 
die Lücken vieler geographischer Arbeiten zu zeigen, beispielsweise bei der Festlegung 
des Verbreitungsgebietes irgendeines geographischen Objektes oder irgendeiner Er 
scheinung. Nicht allein dadurch, daß die Karte erhellt, was noch unklar bis dahin war, 
sondern auch darin, daß sie direkt zu neuen Ergebnissen führt, hat sie einen eminenten 
Wert für die geographische Forschung. Von diesem kartographischen Einfluß, man 
1 Vgl. W. Wolkenkauer im Globus LXV, Nr. 1 und 2. Mit 2 Karten; ferner Nordenskiöld: 
Facsimile-Atlas. Stockholm 1889, S. 9. Abb. 5. 
2 Dom. von Limbrunn klagt in dem „Versuch einer Verbesserung der Landkarte von 
Baiern 4 - (Abh. der Chu. fürstl.-baier. Ak. der Wiss. II. München 1764, S. 343—360) darüber, daß in 
Bayern die Ortschaften nicht einmal ihrer Breite nach stimmen. 
3 Vgl. A. Supans Besprechung (P. M. 1900, LB. S. 1) über Bartholomews Physical Atlas. 
Bd. TV. Atlas of Meteorology, prepared by J. G. Bartholomew and A. .T. Herberton. and edited 
by Alex. Buchan. London 1899.
	        
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