Die Seekartenprojektionen.
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oder des Segelns im größten Kreise erscheint zunächst als der vernünftigste, weil der
kürzeste Weg innegehalten wird. Indessen ist es erst der Dampferschiffahrt gelungen,
der daraus entstehenden Schwierigkeit — fortwährende Kursänderung — Herr zu
werden. Leichter ist der loxodromische Kurs einzuhalten, besonders vom Segler, wobei
nicht übersehen sein mag, daß Wind und Meeresströmung beim Segeln von größtem
Einfluß beim Verfolg der Hochseewege sind. In der großen Fahrt hat infolgedessen
bisher die loxodromische Linie eine größere Rolle als die orthodromische gespielt. 1
G. Mercator gebrauchte für Loxodrome oder die schiefläufige Richtung den
Ausdruck „directio“ = Richtungslinie, und für Orthodrome oder die rechtläufige
Richtung „plaga“. In diesem Sinne wird plaga auch später noch belegt, so von
E. Weigel. 1 2 Mercator wußte genau, daß die directio außer der Krümmung an der
Erdoberfläche noch eine eigene besaß, weshalb er sagt, daß sie oblique incurvatur.
Als ältere Namen treten für die Loxodrome ,,rhumben“, ,,linea rhombica“ auf 3 ,
womit bekanntlich die Windstrahlen der Kompaßrose bezeichnet wurden. Als Schöpfer
der griechischen Bezeichnungen Loxodrome und Orthodrome gilt bisher der Nieder
länder Willebrord Snellius. J. B. Ricciolo dürfte zuerst Snellius dafür namhaft
gemacht haben. 4 Meiner Meinung nach hat Simon Stevinus zuerst die Ausdrücke
gebraucht. In der lateinischen Ausgabe seiner Histiodromia, wenn sie auch von
Snellius versorgt worden ist, kommen bereits 1605 die griechischen Ausdrücke häufig
vor. 5 Stevinus untersucht bereits die Fehler des Petrus Nonius bei den Loxodromen,
desgleichen die von Ed. Wright; und er unterscheidet in seiner Histiodromia zum
ersten Male scharf die beiden Navigationsmethoden: das Segeln im größten Kreise,
also in der Orthodrome, und in schiefläufiger Richtung, in der Loxodrome. 6
Vor mehr als einem Menschenalter hat uns Siegmund Günther eine wertvolle
historische Studie über die Loxodrome gegeben 7 , die in neuerer Zeit eine vorzügliche
Ergänzung durch die Abhandlung von H. Wagner über „Gerhard Mercator und die
ersten Loxodromen auf Karten“ 8 erhalten hat. Letzterer untersuchte die Loxodromen,
1 Vgl. u. v. a. L. H. Röhl, a. a. O., S. 223 — 247. — J. E. Bode: Kurz gefaßte Erläuterung,
a. a. 0., S. 535-543.
2 Erhardi Weigelii: Globorum correctorum et perpetuorum novissima descriptio et usus
Jena 1690, S. 43, 44. [K. Bi. Berlin.]
3 Erhardi Weigelii, a. a. O., S. 43, überschreibt das 6. Problem: Navigii (semper ad eandem
plagam dirigendi) viarn maritimam (Rhombum vulgo dictum) in globo terrestri definire.
4 J. B. Riccioli: Geographiae et hydrographiae, a. a. O., S. 486.
5 Simon Stevinus: Secunda pars cosmographiae de geographia., 1605. Quartus liber Geo
graphiae, de histiodromia. S. 85, 87, 89, 92, 93, 103-133, 139, 151, 152, 155. [K. Bi. Berlin.]
6 Übrigens scheint auch H. Wagner nicht wie andere so steif und fest zu glauben, daß Snellius
der Erfinder der Namen ist, wenn er es auch nicht bestimmt zum Ausdruck bringt. — Ferner sei noch
bemerkt, daß W. Snellius außer in dem ins Lateinische übersetzten Werke Stevins (1605 — 1608):
„Hypomnemata mathematica a Simone Stevino conscripta et e Belgico in Latinum a Wil. Sn. con-
versa.“, Lug. Bat., die Stevinschen Ausdrücke Loxodrome und Orthodrome (s. oben Haupttext)
gleichfalls später häufig gebraucht, wie in seinem Werke „Tiphys Batavus, sive Histiodromice, de
navium cursibus et re navali“, Lugd. Bat. 1624. — Noch erwähnt sei, daß H. Wagner darauf auf
merksam macht, daß Snellius 1605 die Strichtafeln (the table of rumbs, Wright 1599) „canones loxo-
dromici“ nennt. Doch sind diese Tafeln nur ein Teil der Histiodromia, die ich in Anm. 5 zitiert
habe, die daselbst bezeichneten Seiten 103 — 133 enthalten die Canones loxodromikoi.
7 S. Günther: Geschichte der loxodromischen Kurve. Studien z. Gesch. der math. u. phys.
Geogr. 6. Heft. Halle a. S. 1879.
8 H. Wagner: Gerhard Mercator u. d. ersten Loxodromen auf Karten. Annal. der Hydrogr. usw.
1915, S. 299ff.