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Die See- und Meerkarte.
Die brauchbarste allgemeine Darstellung, die wir bis jetzt von den ozeanischen
Tiefen besitzen, rührt von Max Groll her. In der neuen Folge der Veröffentlichungen
des Instituts für Meereskunde in Berlin hat er im Jahre 1912 die „Tiefenkarten der
Ozeane“ mit Erläuterungen herausgegeben, jeder Ozean im Maßstab 1:40000000.
Groll hat damit eine mustergültige Arbeit geschaffen, die heute noch nicht überholt
und besonders gut in der Methode der Behandlung des Gegenstandes ist. Eine
lobenswerte Erneuerung ist, gleichwie bei der gleichzeitig erschienenen Karte des
Atlantischen Ozeans in 1 : 80000000 von G. Schott (s. oben), die Anwendung flächen
treuer Projektionen für die einzelnen Ozeane (S. 87, 88). Das bedeutet einen großen
Fortschritt, denn die nautischen und selbst geographischen Kreise glaubten, bei
solchen Kartenbildern nicht von der Leiter mercatorischer Beeinflussung herunter
steigen zu können. Die blauen Abstufungen für die 1000 m-Intervalle sind auf den
Grollschen Karten geschickt angeordnet die Stufe von 6000—7000 m ist violett
koloriert und die über 7000 m hinausgehenden rötlich und rot. Die letztem Töne
vertiefen jedoch das Bild nicht, sondern heben die Rinnen wie Gipfelformen heraus,
was farbenlogisch beanstandet werden könnte. Ganz vorzüglich ist dagegen das lichte
Braun für die Schelfflächenstufe, womit gleichsam die Zugehörigkeit zur Kontinental-
masse, die im dunklern Braun erscheint, dokumentiert ist, übrigens eine Darstellungs
art, die bereits mit großem Geschick bei den speziellen Tiefenkarten in Berghaus’
Physikalischem Atlas (1892) angewandt wurde. Als farblose Stufe erscheint die
Schelffläche auf Karten von O. Krümmel 1 , W. Weber 1 2 u. a. Bedauerlich ist, daß
auf den Grollschen Karten nicht die Namen für die submarinen orographischen Haupt
formen eingetragen sind, ein Versehen, das Groll bei der Herausgabe der Ozeantiefen
karten in Wandkartenformat wieder gut gemacht hat. 3 Wo der Kartenmaßstab
klein ist, wird zu großem regelmäßigen Stufen gegriffen, so von 2000 zu 2000 m. 4
Die ozeanischen Tiefenkarten zeigen bei Groll eine Menge Tiefenangaben, so
daß sie den Eindruck erwecken, als ob wir schon über eine recht gute Kenntnis von
der ozeanischen Bodengestaltung verfügten. Weit gefehlt; und ich stimme mit
G. Wegemann überein, daß wir noch weit davon entfernt sind, „ein auch nur in
großen Zügen getreues Bild des Meeresbodenreliefs zu entwerfen“. 5 Es wird noch
Dezennien dauern, bevor wir ein eindeutig klares Bild des Bodens auf Grund gewissen
hafter und wiederholter Lotungen erhalten. Man denke bloß daran, daß man die
Schichtgürtel immer noch von 1000 zu 1000 m zusammenfaßt und sich an kleinere
Intervalle nur bei beschränkten, küstennahen Gebieten wagt. Immerhin muß man dem
internationalen Unternehmen Dank zollen, eine Karte geschafft zu haben und sie auf
dem Laufenden erhalten zu wollen, die alle Tiefenmessungen enthält ; es ist dies die auf
Veranlassung des Fürsten von Monaco herausgegebene Carte générale bathymétrique
1 O. Krümmel: Tiefenk. des Ind. Oz. 1880. Z. f. wiss. Geogr. II. 1881. T. 2. — Tiefenk.
des Australasiatischen Mittelmeeres. Z. f. wiss. Geogr. III. 1882. T. 1. — Tiefenk. des Euböischen
Euripus. P. M. 1888, T. 20.
2 W. Weber: Tiefenkarte des Arabischen Meerbusens. P. M. 1888. T. 16. Hier nur die
Tiefenstufe 0—25 m weiß. Vgl. auch Krümmel, T. 20.
3 Diese vorzüglichen Tiefenkarten der Ozeane mit Einschluß der Wandkarten der Nordsee
und der Ostsee (letztere beiden im Maßstab 1 : 1000000) sind in dem Verlage von Georg Wester
mann in Hamburg u. Braunschweig erschienen.
4 Vgl. M. Mecking: Karte der Bodentiefen des antarktischen Meeres. G. Z. XV. 2. T., 3.
5 G. Wegemann i. P. M. 1013, I» S. 215.