106
Die See- und Meerkarte.
Weise werden sieben Abstufungen von Geschwindigkeiten konstruiert. 1 Demgegen
über ist zu sagen, daß zur bessern Übersichtlichkeit des Ganzen und unbeschadet
des wissenschaftlichen Wertes die Abstufungen auf fünf oder vier reduziert werden
können. Ferner ist es in der Ozeanographie wie in der nautischen Praxis üblich, als
,,Strom“ nur solche Differenzen anzusehen, die im Etmal wenigstens 6 Seemeilen
erreichen. Mithin wird die Krugsche erste Stufe bereits in der zweiten verschwinden.
Überblickt man das Kartenbild des Golfstromgebiets, kann man nicht gerade be
haupten, daß es ruhig wirke. Zudem muß einer mit einem ganz besondern karto
graphischen Auge begabt sein, damit er aus den Wellenlängen ohne weiteres die Ge
schwindigkeiten herauszulesen vermag. Gleichwie bei Krümmel müßte man sich
auch hier durch kleine eingestreute Zahlen, die sich auf die einzelnen Stufen bezögen,
zu helfen wissen. Trotzdem kann man der Krugschen Arbeit nicht seine Achtung
versagen; zu bedauern ist lediglich, daß man darauf nicht weiter gebaut und eine
Karte der Oberflächenströmungen der gesamten Erde hergestellt hat. Hervorgehoben
sei, daß sich in der Karte von Krug noch manch anderes Lobenswertes zeigt, wie der
Versuch, das Untertauchen von Strömungen durch kurze Bogenlinien zu markieren. 2
Für die Veranschaulichung der Strombeständigkeit war ihr der Satz maßgebend:
Je stärker die Linie, desto beständiger der Strom. Von G. Schott hat sie die Bingel
signatur für die Stromstillen übernommen.
In M. Krugs Karte liegen Anzeichen vor, wie sich die ozeanographische Karto
graphie weiter entwickeln kann. Dieser sind noch höhere Aufgaben gesteckt, die
aber langsam und vielfach erst in späterer Zeit auf Grundlage eines großem und weit-
schichtigern Beobachtungsmaterials, als es heutzutage vorliegt, zu lösen sind. Man
wird an H. Mohns Nordhavets dybder, temperatur og stromninger 3 anknüpfen,
wie es bereits durch W. Wissemann 4 und teilweise (modifiziert) durch B. Engel
hardt 5 , G. Wegemann 6 und G. Castens 7 geschehen ist. Wissemann gewinnt
beim Schwarzen Meere die Oberflächenströmungen als Besultierende aus Dichte-
und Windströmungen. Mit Hilfe des Gesetzes vom Parallelogramm der Kräfte
kombiniert er Wind- und Dichteströmungen. Lehrreich sind seine Kärtchen, die
aus solchen Erwägungen resultieren, hauptsächlich das letzte mit den Oberflächen
strömungen des Schwarzen Meeres, konstruiert nach dem Kräfteparallelogramm.
1 M. Krug, a. a. O., S. 163:
1.
Bei 72-48 Sm.,
1 mm Wellenlänge, Länge
Höhe = 1:1
2.
„ 48-36 „
2 „
„ — 2:1
3.
„ 36-24 „
3 „
„ =3:1
4.
„ 24-12 „
4 „
„ =4:1
5.
GO
1
5 „
„ =5:1
6.
1
GO
10 „
„ =10:1
7.
» 4- 0 „
15 „
II
3 »Schon A. G. Findlay ließ den Labradorstrom unter den Golfstrom tauchen und ließ ihn
da in punktierten Linien verschwinden. Ähnliches finden wir bei andern.
3 H. Mohn: Den Norske Nordhavs-Expedition 1876 — 1878. Nordhavets dybder, temperatur
og stromninger. Christiania 1887.
4 W. Wissemann: Die Oberflächenströmungen des Schwarzen Meeres. Diss. Kiel 1906.
5 R. Engelhardt: Untersuchgn. üb. d. »Strömungen der Ostsee, die Dichtigkeitsfläche. Diss.
Kiel 1899.
6 G. Wegemann, a. a. O.
7 G. Castens: Untersuchgn. üb. d. »Strömungen des Atlantischen Ozeans, die Dichte- und
Windverhältnisse. Diss. Kiel 1905.