Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die physischen Meerkarten. 
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nicht besonders erstaunt, daß A. v. Humboldt, der der Erforschung der Witterungs- 
Verhältnisse unserer Erde ein gut Teil seiner wissenschaftlichen Arbeit gewidmet hatte, 
als ein erster den Temperaturerscheinungen der Meere nachspürte. In seinem Golf 
strombild kam das Ergebnis seiner Untersuchung zum Ausdruck. Merkwürdiger 
weise sehen wir in dem Humboldtschen Kosmosatlas von Tr. Bromme auf der Karte 
der Meeresströmungen (T. 16) die mittlere Temperatur des Meerwassers ganz un 
abhängig von den Meeresströmungen angegeben, durch Zahlen, die dem Längengrad 
entlang geschrieben sind, der ungefähr als Mittelmeridian für den betreffenden Ozean 
gelten kann. Am Äquator ist das Wasser am wärmsten und nimmt von da ab stetig 
polwärts ab. Immerhin kommt der Unterschied der Temperatur in den einzelnen 
Ozeanbecken zum Ausdruck. Auf dem 60° n. Br. zeigt der Atlantische Ozean 5,9°, 
der Große Ozean 3,8°, auf dem 60° s. Br. der Atlantische Ozean 0,5, der Große Ozean 
— 0,1 und der Indische — 2,0 (!). Das ähnliche Prinzip, wenn auch wesentlich ver 
bessert, kehrt wieder auf den Meeresströmungskarten von 1849 in Bergbaus’ Physi 
kalischem Atlas; doch werden hier schon innerhalb der Strömungen Temperatur 
angaben eingestreut, und bei dem Golfstrom sehen wir sogar eine Angabe über Sommer 
und Wintertemperatur. Das thermographische Element des Nordatlantischen Ozeans 
nahm Aug. Petermann zum Ausgang seiner detaillierten Untersuchung über den 
Golfstrom und brachte auf zwei Karten (Pet. Mitt. 1870) durch verschiedene Inten 
sität einer blauen Earbe die Temperaturverhältnisse des Golfstroms im Sommer (Juli) 
und im Winter (Januar) zur Veranschaulichung. Dadurch wurde die thermometrische 
Kenntnis des Nordatlantischen Ozeans in einer V r eise gefördert, wie es bis dahin noch 
niemals geschehen war. 
Im allgemeinen begnügt man sich, gleichfalls auf die Anregung von Aug. Peter 
mann hin, die kalten von den warmen Strömungen farbig zu unterscheiden, wobei 
farbenlogisch (farbenpsychologisch begründet) die rote Farbe den warmen Strömungen 
und die blaue (bzw. schwarze 1 ) den kalten Strömungen zugeteilt wird, ganz gleich, 
ob man zur Darstellung die Farbe flächig oder in Strichen (Stromlinien) aufträgt. 
Daneben finden sich Abweichungen, wie die Darstellung der kalten und warmen 
Strömungen durch Nuancierung ein- und derselben Farbe, zumeist von Blau, auch 
in Schwarz. 1 2 Das kalte Auftriebwasser wird nicht selten mit grüner Earbe gekenn 
zeichnet. Am weitgehendsten ist die Farbgebung auf den beiden Karten der Meeres 
strömungen und Wärme zur See in Berghaus’ Physikalischem Atlas, Ausgabe vom 
Jahre 1892. Darauf sind die warmen Westströmungen rot, die warmen Ostströmungen 
violett ausgemalt, die lauen Strömungen blau und die Triften höherer Breiten grau 
blau, während die kühlen Strömungen grün und die kalten Strömungen grau erscheinen. 
Diese Differenzierung der Meeresströmungen nach der Temperatur auf allgemeinen 
Übersichtskarten halte ich nicht für angebracht. Schon die Unterscheidung zwischen 
1 So hat z. B. H. Mohn auf der Karte der Strömungen des europäischen Nordmeers (a. a. O.) 
den warmen Strom mit roten Pfeilen, den kalten mit schwarzen Pfeilen dargestellt. 
2 Auf einer Kartenskizze der Südatlantischen Meeresströmungen zeichnet O. Krümmel die 
warmen Ströme in schwarzen Stromlinien und die kalten in gestrichelten schwarzen Stromlinien 
(Vereinfachung des Druckes!). Ann. d. Hydrogr. usw. 1883, T. 7. — Die ähnliche Zeichnung, nur 
dem neuern Standpunkt der ozeanographischen Wissenschaft entsprechend, kehrt wieder auf der 
Karte der Strömungen der Meeresoberfläche (nördl. Winter) in G. Schotts Geographie des Atlan 
tischen Ozeans, a. a. Ö. — G. Schott: Die Gewässer der Neufundland-Bank u. ihrer I mgebung. 
P. M. 1897, T. 15. Warmer u. kalter Strom werden durch schwarze Pfeile dargestellt, während 
aber der Schaft des erstem geradlinig verläuft, ist der des andern zickzacklinig.
	        
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