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Die See- und Meerkarte.
nicht, daß dies seinen Grund in dem spärlich fließenden Beobachtungsmaterial hat.
Verdienstvoll bleibt, daß G. Schott die Linien gleicher Isothermtiefen ausgiebig an
wandte. Er nennt sie „Isothermobathen“. 1 Ich glaube, mit dem von mir vor
geschlagenen Ausdruck Isomarithermen kann man sehr gut die Schottschen Iso
thermobathen umfassen, zumal die letztem eigentlich an solche Linien erinnern, die
sich lediglich für die Temperaturverhältnisse des Meeresgrundes konstruieren lassen.
Einer geschickten Kombination verschiedener ozeanographischer Erscheinungen sei
noch gedacht; es ist G. Schotts Kartenskizze der Meeresströmungen im europäischen
Nordmeer 1 2 , worauf die Hauptstränge der warmen und kalten Strömungen zugleich
mit den Linien gleicher Temperatur (also den Isomarithermen) der Schicht von
50—150 m Tiefe gezeichnet sind. Diesem Bilde fehlt lediglich die farbige Wieder
gabe; der Schwarzweißdarstellung ermangelt hier die wünschenswerte Übersicht.
118. Bas Meereis auf der Karte. Eng verknüpft mit den klimatischen Erscheinungen
unsers Erdballes ist das Auftreten und die Verbreitung des Meereises. Auf dessen
kartographische Wiedergabe wird viel Wert gelegt, weniger auf klimatischen Meeres
karten als vielmehr auf Meeresströmungskarten, die aus praktischen Gründen dem
Nautiker näher als jene liegen. Die niedrigen Wintertemperaturen höherer Breiten
lassen das Meer gefrieren, das man Meereis oder Feldeis nennt, im Gegensatz zu den
Eisbergen, die als Bruchstücke der riesigen Gletschermassen der Polargebiete beider
Hemisphären von Polarströmungen mit den zertrümmerten Schollen des Feldeises
in niedere Breite geführt werden, wo sie eben als Eisberge, Eisschollen, Packeismassen,
kurzum als Treibeis der Schiffahrt große Gefahr bereiten. Dem Treibeis auszuweichen,
sei es selbst mit einer unerwünschten Verlängerung des Seeweges, ist eine aus der
Not geborene Kegel der Schiffahrt. Darum erscheint die Wiedergabe der Treibeis-
Gefahrenzone für die moderne Meeres- und Seekarte als eine selbstverständliche Sache.
Die erste ausführliche Behandlung wurde dem Phänomen in W. C. Redfield’s
Eisbergkarte, 1845, zu teil. 3 Auf den Karten der Meeresströmungen in Bergbaus’
Physikalischem Atlas von 1849 sehen wir in der Südpolarregion schwimmende Eis
inseln und Eisberge in der Form von Dreiecken oder Zuckerhüten, ähnlich wie sie
Redfield für den Nordatlantischen Ozean gezeichnet hatte. Im Nordatlantischen
Ozean lesen wir an einer Strichpunktlinie: „Innerhalb dieser Linie strömt das Polar
eis im Mai und Juni.“ Die Linie läuft südlich im großen Bogen, dessen tiefster Punkt
in der Höhe von New York liegt, um Neufundland herum. Die gleiche Linie
hatte Tr. Bromme auf der Übersichtskarte der Meeresströmungen übernommen. In
der Folge wurde es Sitte, das Treibeis durch Dreiecke, das Packeis durch Häufung
kleiner unregelmäßiger Bogen, die offenbar an erdrückte Eisschollen erinnern sollen,
wiederzugeben. Diese Darstellung, hier vereinfacht, dort verfeinert, bleibt seitdem
maßgebend für die Meereisdarstellung. Sie tritt uns auf Einzelkarten wie in Atlanten
des In- und Auslandes entgegen.
Die Nautik fordert nicht bloß die allgemeine Darstellung der Gefahrenzone,
sondern auch zeitliche Bilder. Je nach den Jahreszeiten ändert sich das Bild der
1 Atlas zum Valdivia-Werk. Wiss. Ergebnisse der deutschen Tiefseeexpedition. I. Ozeano
graphie u. marit. Meteorologie. Jena 1902, T. 23—27.
2 G. Schott, a. a. O., S. 183.
3 W. C. Redfield: On the drift ice and currents of the North Atlantic with a chart showing
the observed positions of the ice at various times. New-Haven 1845. — Die Karte ist reproduziert
in Z. f. allg. Erdkunde. Neue Folge VI. Berlin 1859, T. 2.