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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode.
Atlanten von wirklichen Kartenblättern durchflochten, wie es in dem Geographisch-
Statistischen Atlas von A. L. Hickmanns der Fall ist. 1 Beliebt ist auch die Methode,
die Bückseite der Atlasblätter durch allerhand statistische Diagramme, in der Haupt
sache Flächendiagramme auszufüllen, wofür J. G. Bartholomew mit seinem Welt
handelsatlas ein klassisches Beispiel gegeben hat. 1 2
41). Das Kartogramm. Dem Gesetze der großen Zahl kann Genüge getan
werden, wenn die Linie zum Bande anschwillt. Damit betreten wir bereits das Gebiet
des Flächenkartogramms. 3 Das Band will hauptsächlich die räumliche Bewegung
der Massen darstellen. So weist das Band seinem Wesen nach hauptsächlich auf
das Verkehrsgebiet, auf die Verkehrskarte hin; schließlich ist auch das Band-
kartogramm nichts anders als die statistisch belebte Karte der Verkehrswege. 4
Der mathematische Kalkül ist hier meiner Meinung nach ein ausschlaggebender Faktor.
Für mich war er maßgebend, als ich die Karte des Weltverkehrs zur See für das
Jahr 1901 entwarf (s. Verkehrskarte). Den Binnengewässern entlang hat man gleich
falls verschieden starke Bänder gezogen, die den zu Berg gerichteten und zu Tal
flutenden Verkehr versinnbildlichen. Sympher hat für diese Art kartographisch-
statistischer Darstellungen das Muster gegeben. 5 * Damit auf seiner „Karte des
Verkehrs auf deutschen Wasserstraßen“ in 1:800000 die Linien mit starker Güter
bewegung nicht zu breit ausfallen und dadurch das Gesamtbild undeutlich machen,
hat er einen quadratischen Maßstab gewählt. Demzufolge entspricht ein 5 mm
breites Verkehrs band oder der Durchmesser eines Verkehrs kreises (dieser für den
Ortsverkehr angewandt) von 5 mm einem Verkehr von 100000 t und eine Breite
bzw. ein Durchmesser von 50 mm einem Verkehr von 10000000 t. Hiernach verhalten
sich die Verkehrsmengen zweier Wasserstraßen oder Orte wie die Quadrate der
den Verkehr darstellenden Bandbreiten oder Kreisdurchmesser.
1 A. L. Hickmanns: Geographisch-statistischer Universal-Atlas. G. Freytag & Berndt.
Wien u. Leipzig, s. a. (nach 1905). Die neuen Ausgaben von Hickmanns Geographisch-stati
stischem Universal-Atlas, so die für das Jahr 1924, neubearbeitet von Alois Fischer, Wien 1923,
können sich nicht genug tun in den Diagrammbildern, wobei Würfel, Säcke, Pyramiden, Zucker
hüte, Autos, Schiffe usw. benutzt werden. Der allgemeinsten Anschauung des Volkes will man auf
diese AVeise entgegenkommen. Es ist allerdings eine grobe Veranschaulichung, die aber gewöhnlich
nur in einer Dimension (zum A r ergleich) stichhaltig ist. Selbst nach dieser Richtung läßt der Atlas
noch vieles zu wünschen übrig. Geradezu wahnwitzig und grotesk ist, die Küstenlängen der Erd
teile durch Flächen zu veranschaulichen.
2 J. G. Bartholomew: Atlas of the worlds commerce. London 1907. Diese Methode
ist bereits vor Bartholomew angewandt worden, und mit vielem Geschick gleichfalls von spätem
Autoren, auch von mir; vgl. M. Eckert: Wirtschaftsatlas der Deutschen Kolonien. Berlin 1912.
3 Kaum über ein Liniendiagramm erhebt sich die „Bildliche Darstellung der Größe, absoluten
und relativen Bevölkerung aller Staaten der Erde, nebst den bekannten Flaggen und Cocarden“,
AVien, 3. Aufl. 1837. (Nebenbei sei bemerkt, daß hier bereits zwischen „Asien“ und „Ozeanien“
unterschieden wird, mithin letzterer Ausdruck fast ein Jahrhundert alt ist.) Alle Angaben sind
radienförmig in Kreisen angebracht. Späterhin wurden Quadrate dafür angewandt: „Anschauliche
Darstellung der Staaten aller AA r eltteile hinsichtlich der Größe, Einwohnerzahl und Bevölkerungs
dichtigkeit, nebst Flaggen und Cocarden.“ A 7 erfertigt von C. Desjardins in AA T ien, Ende 1853.
(Siehe auch Anm. 2, S. 133.)
4 G. Mayr, a. a. O., S. 18.
5 Sympfer: Karte des Verkehrs auf deutsch. AVasserstraßen i. J. 1885. Erläutergn. dazu.
Berlin 1889. — Dieselbe in neuer Auflage für die deutschen AA 7 asserstraßen i. J. 1910. — Die Ent
wicklung der deutschen Binnenschiffahrt in den 25 Jahren von 1875—1900. Mit 2 Karten. Z. f.
Binnenschiffahrt. Berlin 1903.