Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
sondern tatsächlich ins geographische Milieu hinübergleiten kann, wie des weitem 
noch in der Untersuchung über das isolierte Flächendiagramm in geographischer 
Position nachgewiesen wird (§ 51). 
Nicht selten ist der Versuch, den Verkehr der Binnen- und Seehäfen nach an 
gekommenem und abgegangenem Verkehr 1 oder nach den einzelnen Warengruppen 
zu veranschaulichen oder die verschiedenen Ortschaften eines Landes nach den Haupt 
industrien. Fr. Weiß hach hat ganz im Mayrschen Sinne die prozentuale Verteilung 
der Industriebevölkerung in den einzelnen Ortschaften im mittlern Teile des säch 
sischen Erzgebirges zum Ausdruck gebracht;’ das Kartogramm ist sehr übersichtlich, 
leider nur zu dürftig in der Situation, auf alle Fälle dürfte das Flußnetz nicht fehlen. 1 2 
Umstände lassen es oft ratsam erscheinen, anstatt des Quadrats und Vierecks 
den Kreis zu wählen. Ich selbst habe allerdings bei sehr allgemeiner Lokalisation 
die Kreisfläche und Bruchteile davon benutzt, die Eisenerzgewinnung der Eisen 
länder nach Quantitäten zu bestimmen 3 
Karten ähnlicher Art greifen auf länger als ein halbes Säkulum zurück. 1862 
gab das Königl. Preußische Ministerium für Handel usw. eine Karte über die Pro 
duktion, Konsumtion und Zirkulation der mineralischen Brennstoffe in Preußen 
heraus. 4 Die Karte, die französische Arbeiten zum Vorbild gehabt hat, bezeichnet 
durch bestimmte mathematische Verhältnisse der Figuren zu den Mengen des pro 
duzierten, konsumierten und transportierten Brennstoffs den Stand einer wichtigen 
Lebensfrage eines Kulturstaats. Die sinnreiche Behandlung des Stoffes, nur ein be 
stimmtes Element ohne verwirrende Nebensachen zur klaren Anschauung zu bringen, 
bezeichnete damals bereits E. von Sydow als nachahmenswert. 5 Aber wie selten 
ist es nachgeahmt worden. Erst die neueste Zeit bringt hierin etwas Wandlung. 
50. Das Buchstabeiicliagramm. Hin und wieder sehen wir auf statistischen 
Karten den „Buchstaben“ angewandt, um beispielsweise die Produktionsgebiete 
von Steinkohle oder Braunkohle zu bezeichnen. Die Größe des Buchstabens soll 
auf die größere oder kleinere Menge der Erzeugung hindeuten. Dieser Gedanke, bis 
zu seinen letzten Konsequenzen als Kartendiagramm verfolgt, liegt vor in den 
Wirtschaftskarten von „Westermanns Weltatlas“, bearbeitet von Adolf Liebers, 
Braunschweig und Hamburg 1921. 
B. Barnims, der Bearbeiter der Wirtschaftskarten im Westermannschen Welt 
atlas, ist von der richtigen Idee ausgegangen, daß die Zahlenwerte uns so viel wie möglich 
im Kartenbilde wieder begegnen müssen, damit die wirtschaftlichen Verhältnisse 
vor allem nach ihrem Stärkegrade zur Veranschaulichung kommen. Der Anfangs 
buchstahe des betreffenden Ur- oder Industrieprodukts steht in einem Quadrat, 
weshalb er „Quadratbuchstabe“ heißt. Die andern Buchstaben des Namens des 
dargestellten Produkts sind in kleiner Druckschrift angehängt. 1 qmm des Quadrats 
1 Vgl. P. Langhaus: Die wirtschaftlichen Beziehungen der deutschen Küsten zum Meere. 
P. M. 11)00, T. 10. 
2 Fr. VYeißbach: Wirtschaftsgeographische Verhältnisse, Ansiedlungen und Bevölkerungs 
verteilung im mittlern Teile des sächsischen Erzgebirges. Forsch, z. d. L. u. V. XVII. Stuttgart 
1908. Karte 2. 1 : 100000. 
3 M. Eckert : Eisenerzkarte der Erde nach dem Stande der Eisenerzforschung i. .1. 1911. 
G. Z. 1913, T. IX (s. auch Teil IV: Die Wirtschaftskarte). 
4 Für das Jahr 1800. 1 : 1200000. Berlin 1802 (s. auch Teil IV’: Die Wirtschaftskarte). 
5 E. v. Sydow in P. M. 1802. S. 407.
	        
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