Mittel- und Dichtewerte.
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Daß clie Schraffur, sobald sie über vier, fünf Gruppenbezeichnungen hinausgeht,
nicht befriedigt, hat G. v. Mayr bereits betont. Er hielt, wie es noch heute gern
befolgt wird, die Verbindung von Farbe und Schraffur sehr geeignet, am besten zwei
Farben, deren jede durch Schraffur eine Anzahl von Gruppen kennzeichnet. Ver
unglückt ist jedoch sein Versuch, mehrere statistische Verhältnisse gleichzeitig auf
die statistische Karte zur Darstellung zu bringen, indem er z. B. bei der Darstellung
der Viehdichte Bayerns für die Pferde verschieden dicke senkrechte rote Striche und
für die Rinder verschieden dicke wagerechte grüne Striche wählte. 1 Die sich dauernd
kreuzenden Linien verwirren das Bild und erschweren durch ihre Unübersichtlich
keit die schnelle Orientierung, ohne die jede Karte a priori an Wert verliert. Nur
die Auflösung des Kartenbildes in zwei gesonderte Karten bringt den gewünschten
Erfolg der statistisch fundierten und geographisch geordneten Übersicht. Und so
ist die bildliche Statistik ein vortreffliches Mittel zum Einblick in die verschiedensten
kulturellen Elemente eines Landes; nur darf sie nicht in eine komplizierte Zeichen
sprache ausarten, die das mechanische Auge mehr als das geistige fesselt. „Wenige
Farben reichen hin, um eine ganze' Welt von Gedanken zu erschließen, und je ein
facher diese Bildersprache gehalten wird, um desto schneller löst sich das geistige
Element aus den Fesseln greifbarer Gestalt.“ 1 2
Mittelwerte können durch geschickte Schraffur und Zeichnung in einer Farbe
auf zehn und mehr Gruppen übertragen werden. A. Kowastch hat den interessanten
Versuch auf eine lange Reihe statistischer Karten des Deutschen Reichs angewandt. 3
Er ist dabei in den Fehler verfallen, an dem viele einseitig wissenschaftliche Arbeiter
und sogenannte Erfinder leiden, nämlich an der Einbildung, daß sie das von ihnen
verfolgte und bearbeitete Problem vollständig, simpel und klar gelöst haben. Mit
hochtönenden Worten wird das Neue angekündigt, und der betreffende Bearbeiter
merkt gar nicht, wie er sich in seine eigene Ideen verrennt, alles nur von einem vor
sätzlich eingenommenen Standpunkt aus beurteilt, und dabei den Überblick über
das große Ganze verliert. So ist es heute noch, so war es früher schon. 1859 fragt
W. Unschuld in dem Vorwort zu seinem Leitfaden der darstellenden Statistik auf
topographischen Karten 4 , ob das Endziel der Kartographie schon, erreicht sei, wenn
sie mit den topographischen Karten die übersichtliche und mathematisch genaue
Anschauung der toten Oberfläche unsers Erdkörpers gibt und uns die Verbreitung
der Kultur, der Wohnbarkeit, der hydrographischen und orographischen Verhältnisse
vors Auge bringt, nichts aber von dem auf der Erdoberfläche Lebenden und keinen
übersichtlichen und vergleichenden Aufschluß über die quantitativen Verhältnisse
der so mannigfachen Objekte. Diese Erwägungen führten Unschuld zur Konstruktion
diagrammartiger Zeichen, von Säulen, Kreisausschnitten, Strahlenbündeln, deren
Zentren zugleich Kreiszentren sind. Sein Versuch ist anerkennenswert, die Zeichnungen
proportional zur Wirklichkeit zu geben, damit sie Vergleichszwecken dienen; nach-
1 Ein Muster hierzu ist Fig. XIX in G. Mayrs Schrift, a. a. <).; es ist ein Bruchstück der
mit der Veröffentlichung der Viehzählungsergebnisse von 1873 vom k. bayer. statist. Bureau herausgeg.
Karte der Dichtigkeit des Rindviehs und der Pferde.
2 E. v. Sydow: Der kartographische Standpunkt Europas i. d. .Jahren 1861 u. 1862. P. M„
1862, S. 472.
3 Ambr. Kowastch: Illustrierte Deutsche Statistik (System Kowastch). Berlin 1612.
4 W. Unschuld: Leitfaden zur darstellenden Statistik auf topographischen Karten. Hermann
stadt 1850. [Hof- u. Staats-Bi. München.]
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