Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
wobei er städtisch angebaute Flächen mit dem alten Stadtkern unterscheidet, ferner 
Stellen mit dicht gedrängten Häusern und die Flächen der Stadtkreise. 1 Später 
stellte er die deutschen Großstädte als geographische, politische und wirtschaftliche 
Einheiten dar 1 2 , wobei er für alle Stadtpläne den einheitlichen Maßstab 1 : 500000 
wählte. Mit roter Linie wird die „wirtschaftliche Stadt“ umgrenzt und mit schwarzer 
die „politische Stadt“. G. Braun entwarf eine entwicklungsgeschichtlich-physio- 
gnomische Planskizze von Straßburg i. E. 3 , die auf andere Städte anzuwenden wert 
ist. Ein guter, methodisch aufgebauter Stadtplan gibt eine bessere Vorstellung von 
der Eigenart einer Stadt als eine langatmige Beschreibung. 4 
Beden wir von Siedlungskarten, denken wir unwillkürlich an solche, die sich 
mit den Wohnplätzen der Kulturvölker befassen. Andere Probleme treten an den 
Bearbeiter von Siedlungskarten heran, wenn er sich auf das Gebiet der sogenannten 
Naturvölker wagt. Beispielsweise hat in Afrika das inselartige Nebeneinanderwohnen 
und hinwiederum das einartige Ineinanderwohnen verschiedener Volksstämme ver 
schiedenartige Siedlungsformen erzeugt, die noch keineswegs wissenschaftlich wie 
kartographisch geklärt gelten können. Bei den SiedlungsVerhältnissen des Batak- 
landes in Nord-Sumatra berichtet W. Volz von zwei Siedlungsarten 5 , einmal von 
den bodenfesten, die seit undenklichen Zeiten an der gleichen Stelle liegen, und sich 
meistens durch große Fruchtgärten auszeichnen, und sodann von kleinen Urwald 
dörfern und Dörfern in unfruchtbaren Gegenden, die nach Abbau der Fruchtflächen 
rings ums Dorf ihren Platz nach Ablauf weniger Jahre verlassen, um in neu auf 
gesuchten Fruchtgebieten wieder zu entstehen. Diese Art „beweglicher Siedlung“ 
finden wir auch in den Gojaländern. Selbst die Sommer- und Winterdörfer Süd 
europas haben eine eingehendere Untersuchung geschweige eine kartographische 
Fixierung erfahren. — Doch wieder zurück zu den Bevölkerungskarten der Kultur 
völker, wo schließlich auch der Kampf über die beste Methode der kartographischen 
Darstellung ausgetragen wird. 
Die Arbeitplatzkarte. L. Weise führt bei seinen methodischen Unter 
suchungen über die Darstellbarkeit der Volksdichte 6 den Begriff der Arbeitplatz 
karte ein, d. i. die Karte, die den Menschen an seiner Arbeitstätte darstellt, zum 
Unterschied von der Wolmplatzkarte, die es mit den Wohnstätten der Menschen zu 
tun hat. Der Erwerbs- oder Arbeitplatz ist sicher für die weitaus größte Zahl der 
Menschen der wichtigste Platz, aber ihn kartographisch festzuhalten, ist nur für 
ganz bestimmte und kleinere Beschäftigungsgruppen möglich. Schon bei dem Bruch 
1 K. Olbricht i. P. M. lbll, I, T. 1. 
2 K. Olbricht i. P. M. 1913, II, T. 12. 
3 G. Braun i. P. M. 1914, II, T. 2. 
4 z. B. von der Hauptstadt Äthiopiens. Ministero degli Affari Esteri, Direzione centrale 
degli Affari Coloniali, Roma, Pianta di „Addis Abeba“, 1:25000. Mailand 1913. Der Stadtplan 
ist von Citerni. — Im Anschluß hieran möchte ich auf die interessanten Stadtpläne hinweisen, 
die die Stadt Breslau herausgegeben hat, deren einer (1911) in 1: 15000 die Eingemeindungen 
von 1261 ab bringt, deren andere in 1: 10000 die bauliche Entwicklung von 1811 — 1912, von 1872 
bis 1900, die Neubauten in Breslau auf alter und neuer Baustelle von 1871 1910 zeigen. — Erinnert 
sei hierbei auch an den schönen und instruktiven Plan von Paris und Umgebung, den C. Vogel in 
1 : 150000 bearbeitet hat. P. M. 1871, T. 1. 
5 W. Volz: Nord-Sumatra. II. Berlin 1912, S. 349. 
L. Weise: Darstellung der Bevölkerungsverteilung in Heropa. Diss. Gießen 1913.
	        
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