158
Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode.
wobei er städtisch angebaute Flächen mit dem alten Stadtkern unterscheidet, ferner
Stellen mit dicht gedrängten Häusern und die Flächen der Stadtkreise. 1 Später
stellte er die deutschen Großstädte als geographische, politische und wirtschaftliche
Einheiten dar 1 2 , wobei er für alle Stadtpläne den einheitlichen Maßstab 1 : 500000
wählte. Mit roter Linie wird die „wirtschaftliche Stadt“ umgrenzt und mit schwarzer
die „politische Stadt“. G. Braun entwarf eine entwicklungsgeschichtlich-physio-
gnomische Planskizze von Straßburg i. E. 3 , die auf andere Städte anzuwenden wert
ist. Ein guter, methodisch aufgebauter Stadtplan gibt eine bessere Vorstellung von
der Eigenart einer Stadt als eine langatmige Beschreibung. 4
Beden wir von Siedlungskarten, denken wir unwillkürlich an solche, die sich
mit den Wohnplätzen der Kulturvölker befassen. Andere Probleme treten an den
Bearbeiter von Siedlungskarten heran, wenn er sich auf das Gebiet der sogenannten
Naturvölker wagt. Beispielsweise hat in Afrika das inselartige Nebeneinanderwohnen
und hinwiederum das einartige Ineinanderwohnen verschiedener Volksstämme ver
schiedenartige Siedlungsformen erzeugt, die noch keineswegs wissenschaftlich wie
kartographisch geklärt gelten können. Bei den SiedlungsVerhältnissen des Batak-
landes in Nord-Sumatra berichtet W. Volz von zwei Siedlungsarten 5 , einmal von
den bodenfesten, die seit undenklichen Zeiten an der gleichen Stelle liegen, und sich
meistens durch große Fruchtgärten auszeichnen, und sodann von kleinen Urwald
dörfern und Dörfern in unfruchtbaren Gegenden, die nach Abbau der Fruchtflächen
rings ums Dorf ihren Platz nach Ablauf weniger Jahre verlassen, um in neu auf
gesuchten Fruchtgebieten wieder zu entstehen. Diese Art „beweglicher Siedlung“
finden wir auch in den Gojaländern. Selbst die Sommer- und Winterdörfer Süd
europas haben eine eingehendere Untersuchung geschweige eine kartographische
Fixierung erfahren. — Doch wieder zurück zu den Bevölkerungskarten der Kultur
völker, wo schließlich auch der Kampf über die beste Methode der kartographischen
Darstellung ausgetragen wird.
Die Arbeitplatzkarte. L. Weise führt bei seinen methodischen Unter
suchungen über die Darstellbarkeit der Volksdichte 6 den Begriff der Arbeitplatz
karte ein, d. i. die Karte, die den Menschen an seiner Arbeitstätte darstellt, zum
Unterschied von der Wolmplatzkarte, die es mit den Wohnstätten der Menschen zu
tun hat. Der Erwerbs- oder Arbeitplatz ist sicher für die weitaus größte Zahl der
Menschen der wichtigste Platz, aber ihn kartographisch festzuhalten, ist nur für
ganz bestimmte und kleinere Beschäftigungsgruppen möglich. Schon bei dem Bruch
1 K. Olbricht i. P. M. lbll, I, T. 1.
2 K. Olbricht i. P. M. 1913, II, T. 12.
3 G. Braun i. P. M. 1914, II, T. 2.
4 z. B. von der Hauptstadt Äthiopiens. Ministero degli Affari Esteri, Direzione centrale
degli Affari Coloniali, Roma, Pianta di „Addis Abeba“, 1:25000. Mailand 1913. Der Stadtplan
ist von Citerni. — Im Anschluß hieran möchte ich auf die interessanten Stadtpläne hinweisen,
die die Stadt Breslau herausgegeben hat, deren einer (1911) in 1: 15000 die Eingemeindungen
von 1261 ab bringt, deren andere in 1: 10000 die bauliche Entwicklung von 1811 — 1912, von 1872
bis 1900, die Neubauten in Breslau auf alter und neuer Baustelle von 1871 1910 zeigen. — Erinnert
sei hierbei auch an den schönen und instruktiven Plan von Paris und Umgebung, den C. Vogel in
1 : 150000 bearbeitet hat. P. M. 1871, T. 1.
5 W. Volz: Nord-Sumatra. II. Berlin 1912, S. 349.
L. Weise: Darstellung der Bevölkerungsverteilung in Heropa. Diss. Gießen 1913.