Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
Wenn ich auch der Verbindung zwischen Siedlungs- und Volksdichtekarte das 
Wort rede, verkenne ich durchaus nicht, daß es sich für tiefer schürfende Arbeiten 
als vorteilhaft erweisen kann, neben der Volksdichtekarte noch eine Karte besonders 
zu geben, die sich mit der äußern Gestalt der Siedlungen befaßt; erstere erhält dadurch 
eine wertvolle Ergänzung. In dieser Spezialisierung ist 0. Schlüter wiederum 
mustergültig vorgegangen, indem er dem Volksdichtekartogramm des nordöstlichen 
Thüringen noch eine Karte mit der äußern Gestalt der Siedlungen beifügte; auf 
ihr hat er sowohl den wirtschaftlichen Formcharakter wie die ursprünglichen Anlage 
formen der Siedlungen veranschaulicht. 1 Bis jetzt hat der Vorgang Schlüters noch 
wenig Nacheiferung gefunden, obwohl, wie er selbst sagt, die äußere Erscheinung 
der Siedlungen mit der Ortslage recht eigentlich den Gegenstand der Siedlungs 
geographie ausmacht. „Hier ist zugleich ein Feld, auf dem sich die Gabe zur Beob 
achtung und Klassifikation in vorzüglicher Weise betätigen, üben und nach der be- 
sondern geographischen Seite ausbilden kann.“ 1 2 Ein Beispiel, wo Volksdichte und 
Siedlungsform auf einem Kartenbild vereint sind, sei besonders namhaft gemacht; 
das ist die bereits erwähnte Karte der Bevölkerungsdichtigkeit der bayerischen Ge 
meinden des Böhmerwaldes von M. Mayr 3 , bei der lediglich der einzige schwarze 
Farbton, der die Übersichtlichkeit stört, auszusetzen ist. — Im übrigen vergleiche 
man den Abschnitt über die Siedlungsformen, und über die Ausscheidung der 
großem Ansiedlungen. Auch St. de Geers Siedlungskartenwerk gehört in gewissem 
Sinne zu dem eben behandelten Abschnitt. 
67. Verquickung von absoluter und relativer Methode bei der Volksdichte 
darstellung. Weil Volksdichtekarte mit Siedlungskarte eine Verquickung von be 
schreibenden und begründenden Momenten ist, also eine Karte, die sowohl nach der 
absoluten wie relativen Methode hergestellt ist, teilen wir sie ganz allgemein der 
Kartengruppe mit Mischelementen zu. Nochmals sei wiederholt, daß die 
absolute Barstellungsmethode nur die wirkliche Bevölkerungszahl der Siedlungen 
ohne bestimmten Bezug auf die Fläche veranschaulicht, die relative dagegen das 
Verhältnis der Bevölkerungsmenge zur Fläche. 0. Schlüter 4 , der gegen jede Mischung 
von Kartenelementen, die nach absoluter und relativer Methode gewonnen sind, 
Front macht, ist auch der ihm inkonsequent erscheinenden Darstellung der Volks 
karten von Chr. Sandler weiter nachgegangen. 5 Man wird* den Schlüterschen 
Ausführungen seine Zustimmung nicht versagen, wenn man sich in dem Ideenkreis 
Schlüters bewegt; mehr sollte jedoch meiner Meinung nach immer noch von Fall zu 
Fall entschieden werden. Mir erscheint die Verquickung der absoluten und relativen 
Methode nicht so unstatthaft, w r ie es Schlüter in seinen oft recht scharfen Darlegungen 
bekundet. Bäumt er doch selbst „gedankliche Übergänge“ zwischen beiden Methoden 
ein 6 , fährt aber alsdann gleich fort: „Aber dieses Gemeinsame ist doch nur der all 
gemeine Hintergrund, von dem sich die besondern Unterschiede abheben, es tritt 
1 O. Schlüter: Die Siedlungen im nordöstl. Thüringen. Berlin 1903, Karte VI. 
2 O. Schlüter: Beitr. z. Bevölkerungs- u. Siedlungsgeogr. Deutschlands. P. M. 1910, II, S. 67. 
3 M. Mayr, a. a. O., s. Anm. 3, S. 157. 
4 O. Schlüter: Die Siedlungen usw., a. a. O., S. 60, 61. 
5 Chr. Sandler: Volks-Karten. Karten üb. die Verteilung der Bevölkerung im Regierungs 
bezirk Oberfranken. Bezirksamt Garmisch, Herzogtum Oldenburg, in der Lichtenfelser Gegend und 
im 9. Bezirk der Stadt München, nach neuer Methode gezeichnet u. erläutert. München 1898. 
6 0. Schlüter: Die Siedlungen usw., a. a. O., S. 58, 59.
	        
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