Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Das Problem der Volksdichtedarstellung im besonder«. 
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voll, ein Vergleich mit andern europäischen Volksdichtekarten ist schlechthin aus 
geschlossen. Schon bei der Beziehung zur square mile = 2,5899416 qkm überläuft 
uns ein leichtes Frösteln. 
85. Vereinigung von Volksdichtekarte mit erdphysikalischen Elementen. Von den 
kausalen Momenten, die soziale Gliederung und wirtschaftliche Erscheinungen auf 
den Volksdichtekarten berücksichtigen, sind die zu trennen, die physischen Ursachen 
der Bevölkerungsverteilung, wie dem Relief, der Bodenzusammensetzung und 
-bedeckung, der Bodenfeuchtigkeit, dem Klima u. a. m. nachspüren. Diese 
,.bodenständigen“, primären Faktoren der Volks Verdichtung sind in der Hauptsache 
der Gegenstand der textlichen Untersuchung, die nur unter gegebenen Umständen 
eine kartographische Fixierung erheischen, während die sekundären Faktoren, wie 
die historischen und diejenigen, die nicht unmittelbar mit der Lage oder mit der 
Eigentümlichkeit des Grundes und Bodens Zusammenhängen, lediglich dem Text 
verbleiben und da auch nur gelegentlich zur Erklärung vorhandener Verhältnisse 
herangezogen werden. 
Sämtliche maßgebenden physischen Erscheinungen im Kartenbilde wieder 
zubringen, wird kein vernünftiger Kartenkenner fordern. Gegebenenfalls kann die 
Untersuchung einen besondern Wert haben, wenn einzig und allein dem Einfluß 
eines Faktors nachgegangen wird, beispielsweise der Einwirkung der Bodenfrucht 
barkeit oder der Meeresferne auf die Volksdichte. Letztere Versuche scheinen zuerst 
in Italien mit Sizilien und Sardinien angestellt worden zu sein, sodann in Frankreich 
mit der Bretagne von E. Robert 1 , der zu dieser Arbeit von E. de Martonne an 
geregt wurde. Im Anklang an die Methode Rohrbachs wurden die Küstenabstands- 
linien von fünf zu fünf Kilometer gezogen und sodann die Dichtezahl auf die 
einzelnen Regionen berechnet und verteilt, wobei soviel wie möglich den natürlichen 
Landschaften der Bretagne Rechnung getragen wird. 
86. Volksdichtekarte und Bodenrelief. Erstaunlich ist es, wie wenig zumeist von 
der Vereinigung von Volksdichtekarte und Terrainkarte gehalten wird, aber wohl 
nur aus Liebe zur starren Theorie, damit sich ja kein kausales Moment in die Karte 
einschleiche. Der Einfluß der Höhenlage und anderer natürlicher Faktoren auf die 
Volksdichte muß sich, wie K. Neukirch sagt, aus dem Kartenbild der Volksdichte 
ergeben. Dieser Standpunkt ist einseitig. Schon das genauere Studium der topo 
graphischen Karten ergibt, daß die natürlichen Vorteile der Lage für die Anlage 
einer menschlichen Ansiedlung ganz hervorragend maßgebend sind, und nicht selten 
weit über diejenigen stehen, die der Mensch selbst zu schaffen imstande ist. Hierfür 
kann die Besiedlungsgeschichte genug Belege bringen. So findet man z. B. am Boden 
see keine Ansiedlung, die, zunächst ohne Berücksichtigung natürlicher Vorzüge an 
einem ungünstigen Punkt durch menschliche Laune begründet, nicht in früherer 
oder späterer Zeit alle Bedeutung an benachbarte, vorteilhafter gelegene Punkte hätte 
abtreten müssen. 1 2 Nebenbei sei bemerkt, daß die Vorteile der Lage auch im 
Laufe der Geschichte wechseln können, doch gehört die weitere Ausführung hierüber 
1 Elie Robert: La densité de la population en Bretagne calculée par zones d’égal éloignement 
de la mer. Mit 1 Karte. Ann. de géogr. XIII. 1904. 
2 A. Schlatterer: Die Ansiedlungen am Bodensee in ihren natürlichen Voraussetzungen. 
Forsch, z. D. L.- u. V. 1891.
	        
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