202
Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode.
nicht in das vorliegende Betrachtungsgebiet. Auf die Einzeichnung des Terrain
bildes neben möglichst vollständiger Wiedergabe des F'lußnetzes und der Verkehrs
wege legt E. de Mar ton ne großen Wert, wie er in Text und Karte zur Volksdichte
der Walachei bewiesen hat.
Daß sich Terrainzeichnung und Volksdichte recht wohl vertragen, beweisen
nicht bloß ältere Dichtekarten, sondern auch neuere, wie die von Schlüter, Dau u. a.
Schlüter erblickte in der Vereinigung geradezu ein erstrebenswertes Ziel, nicht jedoch
in dem Sinne, daß durch die kartographische Wiedergabe der Volksdichte das Relief
des Landes veranschaulicht wird. 1 Um die Bodenplastik zu veranschaulichen, zieht
Schlüter die Isohypsen nach einem veralteten und deshalb nicht zu empfehlenden
Maß, nämlich von 100 zu 100 Dezimalfuß (1 preuß. Dezimalfuß — 0.37662 m) und
macht sogar dem Walde das Zugeständnis, daß er zur Hervorhebung des Reliefs
unter Umständen gute Dienste leisten kann. Obwohl sich Schlüter damit sehr vor
sichtig über die Möglichkeit der Wiederspieglung des Bodenaufbaus durch den Wald
ausdrückt, möcht’ ich dennoch auch diese Möglichkeit annullieren, da der Wald
höchst mangelhaft die Bodenplastiken zu veranschaulichen vermag; denn aus einer
Waldkarte, auf der neben den Gewässern nur der Wald eingetragen ist, kann ich
durchaus nicht entscheiden, ob die Waldbodenfläche gebirgiger oder ebner Natur
ist. Gegen die Isohypsen auf Schlüters Karte wendet sich J. Schmidt 1 2 und,
gestützt auf diesen, wiederum J. Hagemann. 3 Schmidt erkennt jedoch die
Wichtigkeit der Bodenplastik für die Volksdichtekarte an, er hilft sich dadurch,
daß er zu seiner Volksdichtekarte des Kreises Melsungen ein besonderes Deck
blatt gibt, worauf die Höhenlinien ausgezogen sind. Das gleiche Verfahren hat
E. Blume angewandt. 4
Für die Wahl einer nach orographischen Formen gegliederten Basis bei der
Herstellung von Volksdichtekarten trat A. Steinhäuser wohl als ein erster ein.
„Eine Einteilung, die dem Zwecke der Berechnung mehr zusagt als die politische
Begrenzung ist die Zerlegung des Landes in physische Distrikte, d. h. in solche
Gruppen von Katastralgemeinden (Ortschaften), deren Areal einen homogenen
Bodencharakter hat, z. B. Hochgebirgstal, Mittelgebirgstal, Hügelland, Ebene, Hoch
fläche, Alpenplateau usw. Jedes lange Fluß- oder Stromtal erhält so viele Abteilungen,
als es variable Charaktere der Beckenbildung zeigt und Unterschiede an beiden
Ufern.“ 5 So verlockend diese Methode erscheint, ist dennoch ihre Brauchbarkeit
eine beschränkte, weil sie ein morphologisch gut gegliedertes Gebiet zur Voraus
setzung hat. Künftig wird sie wieder mehr zur Geltung kommen. Fängt man
doch schon an, von einer Karte der Reliefenergie in Bezug auf die Verteilung der
Siedlungen zu reden. 6 H. Mortensen hat im Samland auf Grund urkundlicher
1 O. Schlüter: Die Siedlungen, a. a. O., S. 84, 85.
2 J. Schmidt, a. a. O., S. 40.
3 J. Hagemann, a. a. O., S. 3.
4 E. Blume: Beiträge 7,ur Siedlungskunde der Magdeburger Börde. Diss. Halle 1908. Mit
d. Ver. f. Erdk. zu Halle 1908.
5 A. Steinhäuser: Über Einführung der Quadratminute und Quadratsekunde als Ein
heiten des geograph. Flächenmaßes bei Ausmittlung der relativen Bevölkerungsdichte des flachen
Landes u. der großem Städte. Mit. d. k. k. geogr. Ges. zu Wien 1863, S. 129.
6 H. Mortensen: Zur Frage der heutigen u. frühgeschichtlichen Urteilung von Wald u.
Siedlungsland in den südostbaltischen Gebieten. Z. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin. 1924, S. 149.