Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
Wir begeben uns hier gleichfalls auf ein junges Feld geographisch-kartographischer 
Betätigung. Neben der Eisenbahndichte ist bis jetzt die Flußdichte Gegenstand 
eingehender Untersuchung geworden. Die Methoden der Flußdichtebestimmung 
knüpfen sich an die Namen Penck, Neumann, Feldner, Henkel, Böttcher, Spöttle, 
Gravelius, Suerken, Puls, Basehorn, Schäfer. 1 Da W. Schäfer die Methode der 
Untersuchung einigen seiner Vorgänger gegenüber vervollkommnet und erweitert 
hat, können wir uns mit der Betrachtung seiner Flußdichtekarte der dauernd 
fließenden (mindestens sechs Monate im Jahre) natürlichen Gewässer zwischen 
Teutoburger Wald und Wiehengebirge genügen lassen. Abgesehen von der Fluß 
dichtestufe 0 km Flußlänge auf 1 qkm hat Schäfer sechs Stufen aufgestellt, von 
0,01-0,50, 0,51-1,00, 1,01-2,00, 2,01-3,00, 3,01-4,00 und 4,01-5,00 km Länge 
auf 1 qkm. Das Kartenbild, das wie viele Karten der Siedlungsdichte und der Eisen 
bahndichte nach dem Gesetz der großen Zahl aufgebaut ist, hat für die wirtschaft 
liche Beurteilung der behandelten Gebiete Bedeutung; schon Spöttle hatte die 
Flußdichte Bayerns zu technischen Zwecken ermittelt. Mit Hilfe der Flußdichte 
karte lassen sich direkte Beziehungen mit den Niederschlagsverhältnissen, dem oro- 
graphischen Aufbau, der petrographischen Beschaffenheit des Untergrundes und 
den Vegetationsverhältnissen anknüpfen. Schäfer ist es z. B. nachzuweisen gelungen, 
daß die Vegetation einen Einfluß auf die Flußdichte ausübt, insofern mit der Größe 
des Waldgebietes eine Verminderung der Flußdichte stattfindet, die auf Kosten des 
Laub- und Mischwaldes zu setzen ist, während die Zunahme des Nadelwaldes das 
Wachsen der Flußdichte zu begünstigen scheint. 
Als Mittelwert der Flußdichte des gesamten Untersuchungsgebietes hat 
Schäfer die Größe 0,93 km Flußlänge auf 1 qkm ermittelt. Mit dieser Zahl allein 
läßt sich nicht viel anfangen, sie erhält erst Leben und Kraft im Vergleich mit andern. 
Irgendwelche Vergleichsgrößen nach dieser Bichtung aufzustellen hat Schäfer unter 
lassen. Allerdings liegen auch nicht viele Zahlen zum Vergleiche vor. Ebenso ist Schäfer 
nicht auf die mittlere Maschenweite eingegangen, wohl aber Basehorn. 1 2 Auf 
Grundlage der Zahlen Schäfers beträgt für sein Gebiet die mittlere Maschenweite 
з, 72 km. Die mittlere Maschenweite würde für Detailgebiete, die verschieden hoch 
liegen, so für Ober-, Mittel- und Unterlauf (in Beziehung zum Hauptfluß) interessante 
Aufschlüsse ergeben, die selbst einer kartographischen Verwendung nicht abhold 
sind. So ist auch auf diesen Wegen der tiefem Untersuchung und kartographischen 
Arbeit noch eine aussichtsreiche Perspektive gegeben. 
100. Klinnitologische Mittelwerte. In keinem Gebiet der physikalischen Karten 
spielt das Gesetz der großen Zahl eine gleich große Bolle wie bei den klimatologischen 
und verwandten Karten. Für sie ist die typische Mittelzahl ebensowohl Zweck wie 
Mittel der Forschung. Sehen wir uns daraufhin die Karten der physikalischen Atlanten 
an, merken wir, daß sie in der Hauptsache der Veranschaulichung mittlerer atmo 
sphärischer Zustände gewidmet sind. Diese sind das Ergebnis von Beobachtungs 
reihen, deren Wert ganz davon abhängt, in welcher Weise, zu welcher Zeit und inner 
1 Über die in Frage kommenden Arbeiten der genannten Autoren vgl. die Literaturangabe 
l)ei W. Schäfer: Die Flußdichte zwischen Teutoburger Wald u. Wiehengebirge. Diss. Münster. 
Dresden 1912. 
2 Rasehorn: Die Flußdichte im Harze u. in seinem nördlichen Vorlande. Diss. Halle 1911, 
и. Z. f. Gewässerkunde. XI. 1911. Heft 1.
	        
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