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Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode.
Mit ihrer Übertragung in das Kartenbild erhält dieses eine Weite und Bedeutung,
die, wie wir wissen, der geographischen Wissenschaft einen Vorzug gegenüber andern
und verwandten Disziplinen geben. Die vorangehenden Darlegungen haben des
öftern gezeigt, daß die kartographischen fixierten Mittelwerte nicht bloß Zweck,
sondern vielfach auch Mittel der Untersuchung sind. Dadurch erwächst der Geo
graphie ein weiterer bedeutungsvoller Vorzug andern wissenschaftlichen Disziplinen
gegenüber.
Wie man sich davor bewahren soll, die Mittelwerte zu unterschätzen, muß
man sich auch davor hüten, sie zu überschätzen, besonders in ihrer veranschau
lichenden Kraft. Alle Wissenszweige, die Zahlenreihen und Mittelwerte als Ver-
anschaulichungs- und Vergleichsmittel benutzen, erwecken mit ihren Zahlergebnissen,
obwohl diese oft nur auf ganz unzulänglich verarbeiteten und weit auseinander
reichenden Daten beruhen und kaum mehr als abstrakte Zahlen bedeuten, bei Un
eingeweihten den Glauben an einwandfreie Tatsachen. L. Neumann kann man
nur beipflichten, wenn er sagt, „daß schon eine angehende Vertrautheit mit dem
betreffenden Gegenstand der Forschung dazu gehört, mit der den Mittelwert aus
drückenden Zahl eine sachliche Vorstellung zu verbinden.“ 1 Ich glaube, auch in
vorliegenden Untersuchungen genugsam betont zu haben, daß der statistische Mittel
wert nur ein Wahrscheinlichkeitswert ist, daß jeder Mittelwert nur ein relativer Wert
ist, der kein eindeutiges Bild der Wirklichkeit gibt. Unter Umständen sind auch
die Mittelwerte allein nicht ausreichend, die Durchschnittswerte zu charakterisieren;
das hat die Meteorologie gelehrt, die für die meist auffälligen und vorherrschenden
Zustände noch sogenannte „Schwellenwerte“ eingeführt hat, die nicht mit dem
Schwellenwert der Volksdichtekarte zu verwechseln sind. Durch sie erhalten wir im
Vergleich charakteristische Werte.
Nicht bloß bei meteorologischen Untersuchungen und Kartierungen, sondern
in allen Karten, die nach dem Gesetz der großen Zahl aufgebaut sind und
dadurch a priori dem Vergleich dienen wollen, muß die Variable gesucht und fest
gelegt werden; denn ohne sie sind zufriedenstellende Vergleiche zwischen Funk
tionen ausgeschlossen.
Es kann nicht ausdrücklich genug hervorgehoben werden, daß bei den karto
graphisch fixierten Mittelwerten die schärfste Kritik und weitgehendste Klarlegung
mehr wie fast bei jedem andern Kartenelement am Platze ist. Auf Mittelwerte aber
mehr oder minder verzichten und sie im Bereiche kartographischer Darstellung zurück
drängen zu wollen, hieße der Geographie ein Lebenselement und eines ihrer dank
barsten Arbeitsgebiete rauben. Für die notwendige Anschaulichkeit klimatologischer
und kulturgeographischer Erscheinungen sind sie nachgerade unentbehrlich geworden.
Einem der wichtigsten methodischen Elemente im Fortschritte der Wissenschaften,
dem Vergleich, eröffnen sie Tor und Werkstatt. Sie führen zu neuen Kombinationen
und zu neuen Ergebnissen und bereichern somit stofflich und methodisch die karto
graphische und geographische Wissenschaft.