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Die anorganische Welt im Kartenbild.
Besondere Tätigkeitsbereiche sind entstanden, die sich fast ausschließlich mit der
Herstellung von Wetterkarten, die meistens täglich neu herausgegeben werden,
befassen. Das menschliche Leben, insbesondere die menschliche Wirtschaft redet
heute eine deutlichere Sprache als vor Jahren. Ihre Bedürfnisse sind zunächst zu
befriedigen, selbst in kartographischer Beziehung. Deshalb auch die größere
methodische Vertiefung und vielseitigere Bearbeitung der klimatologischen Karten.
Die geologischen Karten bilden ein Kapitel für sich. Zur Aufhellung ihrer
Methodik müssen wir über den Rahmen der gangbaren physikalischen Atlanten
hinausschreiten.
Während England und die Vereinigten Staaten eine Konzentrierung und
systematische Vereinigung aller hydrographisch-physikalischen Erscheinungen, soweit
sie für das Meer und die Schiffahrt in Frage kommen, in der Mitte des vergangenen
Jahrhunderts angestrebt hatten — erinnert sei nur an die weltumspannenden eng
lischen Seekarten und an Maurys Wind-, Current-, Pilot-Charts und Sailing Directions
des Washingtoner Observatoriums —, gab es ähnliche umfassende Unternehmungen
wie diese nautischen nicht für den festen Teil der Erdoberfläche. Was aber in dieser
Richtung angebahnt wurde, ist, wie Aug. Petermann schon 1866 hervorhob, zumeist
von Deutschland ausgegangen oder wenigstens angeregt worden. Unter den großem
Kartenwerken, den physikalischen Atlanten, ragt aus der Mitte des vergangenen Jahr
hunderts, Heinrich Berghaus’ Physikalischer Atlas, Gotha 1888—1848, hervor.
Letzterer wird schon zu seiner Zeit als ein monumentales Kartenwerk gerühmt. 1 Zu
diesem einzigartigen Kartenwerk war die Anregung von A. v. Humboldt ausgegangen.
Am Ende des Jahrhunderts erscheint der Berghaus sehe Atlas im neuen Gewand
(1892) unter der Leitung von Hermann Berghaus. An Berghaus’ Physikalischen
Atlas von 1838—1848 lehnte sich A. K. Johnstons’ Physical atlas of natural pheno-
mena, Edinburgh 1850, an. Er ist durch Bartholomews Physical atlas überholt
worden. Letzterer ist als eine für englisch Sprechende Ausgabe von H. Berghaus’
Physikalischem Atlas (1892) gedacht. Doch ist er inhaltlich über Berghaus hinaus
gewachsen, was sich insonderheit beim vierten Teil, dem Atlas of meteorology zeigt. 1 2
Im Stiche, in der Ausführung und Klarheit steht er dem deutschen Muster in keiner
Weise nach. Das einzig Mißliche an ihm ist der Gebrauch verschiedener Maße. Es
wimmeln da neben den Fahrenheit-Graden die Celsius-Grade, neben den Inches die
Millimeter. Dieses doppelte Maß ist in der Tat ein unhaltbarer Zustand. 3 Man muß
sich wundern, daß sich der Engländer derartiges bieten läßt, dem deutschen Leser
dürfte keine Firma ein Kartenwerk mit zweierlei Maß vorsetzen, und könnte es im
übrigen noch so gut ausgeführt sein. Die englischen Maße müßten verschwinden!
Das hat leider die internationale Wissenschaft noch nicht zuwege gebracht. Der sture,
konservative Sinn des Engländers trägt ein gut Teil Schuld daran. Es wird wohl mal
besser werden; aber wann? wissen die Götter. Ein anderes, ausgezeichnetes Karten
werk, das in methodischer Beziehung nicht warm genug empfohlen werden kann,
ist der Klimatologische Atlas des Russischen Reichs. 4 Er wird wegen seines viel-
1 J. Sporer, a. a. O., S. 332.
2 Bartholomews Physical atlas. IV. Atlas of meteorology, prepared by J. G. Bartholomew
and A. J. Herbertson, and edited by Alex. Buchan. London 1899.
3 A. Su pan i. d. Besprechung üb. Bartholomews Physical atlas. P. M. 1900. L. B. S. 1.
4 Atlas climatologique de l'Empire de Russie publié par l’observatoire physique central
Nicolas à l’occasion du cinquantième anniversaire de sa fondation 1849—1899. St. Petersburg 1900.