Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

228 
Die anorganische Welt im Kartenbild. 
Datums ist als TI. Berghaus’ Physikalischer Atlas (1892), hätte er das Gute von diesem 
übernehmen können. Das ist versäumt worden. Unter allen physikalischen Atlanten 
hat der von H. Berghaus, 1892, das meiste Verständnis für die richtige Auswahl der 
Projektionen gezeigt. Das spricht sich schon in der alten Auflage von 1837—1848 aus. 
Da hat der erste Herausgeber wohl erwogen, nachdem er sich bezüglich des physi 
kalischen Atlasses für das bequeme Format des Stieler sehen Hand-Atlasses entschieden 
hatte, „nach welcher Projektion die Karten zu entwerfen seien, auf denen die physL 
kalischen Erscheinungen konstruiert werden sollen.“ 1 Er fährt fort: „Viele dieser 
Phänomene, namentlich die thermischen, lassen sich am besten in einer Projektion 
übersehen, bei welcher die Parallelkreise wagerechte Linien sind und von den Meridianen 
senkrecht durchschnitten werden. Mercators Projektion entspricht am meisten diesen 
Bedingungen. Sie gewährt unstreitig die bequemste Übersicht im Lauf, z. B. die 
Linien gleicher Wärme, sie zeigt am schnellsten die Abweichung derselben von den 
terrestrischen Parallelkreisen, sowie die Meridian-Knoten der Isotherm-Kurven.“ 
Wichtig sind weiter die folgenden Ausführungen von H. Bergbaus: „Anderseits aber 
ist es auch wünschenswert, die wahre Ausdehnung des von zwei Linien gleicher Wärme 
begrenzten Erdraums, den ich eine Isotherm-Zone nennen möchte, zu übersehen, 
um mit einem Blick beurteilen zu können, wie groß z. B. das Gebiet sei, welches von 
den Isotherm-Kurven von 15° und 10° begrenzt wird, im Verhältnis zu dem, zwischen 
10° und 5° mittlerer Jahreswärme liegenden Erdstrich.“ Damit wird bewiesen, daß 
er bereits für viele Phänomene, selbst für thermische, die flächentreue Projektion 
als die richtige erachtet. Nur kommt er mit ihrer Anwendung nicht ins Geschicke, 
da er von den flächentreuen Projektionen seinerzeit, wie von deu Lambert sehen 
und Mollweideschen, offenbar keine Ahnung hatte, also auch nicht von ihrer An 
wendung auf das Erdganze und die Erdhalbe. Von flächentreuen Projektionen sehen 
wir vertreten die Bonnesche bei der Isothermenkarte von Europa, die Mercator- 
Sansonsche bei Darstellung physikalischer Erscheinungen von Afrika und Süd 
amerika. Im übrigen beherrscht im übergroßen Maße die Mercatorprojektion das 
Kartenbild. In der Auflage von 1892 wird neben der Mercatorprojektion bewußt 
das flächentreue Netz gepflegt. Wir sehen da neben Mercator-Sanson (nur noch für 
Afrika) vor allem Mollweide und sodann Bonne und Lambert vertreten. Bloß die 
Abteilung für Tiergeographie, die W. Marshall bearbeitet hat, fällt wegen der ein 
seitigen Bevorzugung und damit falschen Anwendung der Mercatorprojektion aus dem 
Rahmen des ganzen Atlas. Hinwiederum muß man sich freuen, daß 0. Drude in seiner 
pflanzengeographischen Abteilung den flächentreuen Entwurf durchaus dominieren 
läßt. Eine rühmliche Ausnahme aus älterer Zeit, die uns zeigt, wie bewußt Lamberts 
flächentreue Projektion verwendet wurde, ist die Regenkarte von John Murray 
aus dem Jahre 1887. 1 2 
Bei den physischen Karten die richtige Netzwahl zu treffen ist in der Tat 
leichter als es aussieht. Man muß sich fragen: Ist trotz der Isarithmenkonstruktion 
die Fläche oder das lineare Element, eben die Isarithme die Hauptsache? Karten, 
die irgendwelche organische Erscheinungen veranschaulichen wollen und bei ihrer 
Darstellung auf die Isarithme verzichten, erscheinen für flächentreue Entwürfe prä 
1 H. Berghaus: Vorbemerkgn. zu Berghaus’ Physikal. Atlas. Einleitung. Gotha 1837, S. 3. 
2 The world on Lambert’s equal-area projection, shewing mean annual rainfall in relation 
to ocean and inland drainage areas. By J. Murray. Scottish Geogr. Mag. Edingburgh 1887.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.