Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die anorganische Welt im Kartenbild. 
Kaum, daß man die Farbe zur Herstellung geologischer Karten benutzte, stand man 
schon vor den beiden Fragen: Welche Farben sind die geeignetsten, geologische Ver 
hältnisse zu kartieren, und in welcher Reihenfolge sind sie anzuwenden? Von Anfang 
an herrschte bereits große Zerfahrenheit. W. v. Goethe „als großer Kenner der 
Farben“ beteiligte sich an der Farbenwahl durch allerhand Vorschläge, die ungefähr 
auf eine Farbenskala hinausliefen wie sie heute erst befolgt wird. Die Handkolorierung 
zu dieser Zeit konnte den Anforderungen nicht nachkommen, und so blieben die 
geologischen Kartenerzeugnisse weit hinter dem zurück, was man wollte. 1 Auch 
L. v. Buch beschäftigte sich mit der Aufstellung und Einführung eines einheitlichen 
Farbensystems, aber ebenso ergebnislos wie Goethe und weist es „in das Reich der 
noch auf langehin unerreichbaren Wünsche“. Man war nun glücklich so weit gekommen, 
daß man um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr ein noch aus wußte 
und an einer befriedigenden Lösung schier verzweifelte. Aber daß man jüngere 
Sedimentgesteine mit brennenden, lebhaften Farben wiedergab wie auf der Carte 
géologique de la Belgique et des contrées voisines (1856) von A. Dumont, wurde doch 
schon damals als etwas Ungewohntes empfunden. 
In einer Studie über geognostische Karten (1850) beschäftigte sich B. Cotta 
eingehender mit der Farbengebung. Der Auswahl und Zahl der Farben und Zeichen 
mißt er große Bedeutung bei, klagt jedoch auch darüber, daß man sich nicht von 
vornherein auf bestimmte Piinzipien geeinigt habe, da es „jetzt wahrscheinlich zu 
spät dazu“ sei. In Freiberg wurden zu A. G. Werners Zeit, wie Cotta berichtet, im 
allgemeinen folgende Richtlinien befolgt: Für granit- und gneisartige Gesteine waren 
rote Farbennuancen anzuwenden, für Grünstein grüne, für Augitgesteine schwarz- 
grüne, für Kalkstein blaue, für Sandstein gelbe, für Kohlenbildungen braune, für Ton 
schiefer grünliche. Da die Farbunterschiede nicht ausreichten, mußte, „um die einzelnen 
Gesteins Varietäten, Formationen oder Formationsglieder zu bezeichnen“, zu ein 
gedruckten Zeichen die Zuflucht genommen werden. Wenigstens wurde dadurch 
das Verstehen geologischer Karten wesentlich erleichtert. Doch auch über einheitliche 
Zeichen konnte man sich nicht einigen. Cotta schlägt vor, überall den Anfangsbuch 
staben der Gesteine oder Formationen eindrucken zu lassen; und sollte sich der Übel 
stand ergeben, daß mehrere Gesteine ein und denselben Buchstaben erhalten würden, 
z. B. „G", dann können ein zweiter Buchstabe und andere Alphabete aushelfen. 
Seinen Vorschlägen müssen wir volle Anerkennung zollen; ihre fruchtbare Auswirkung 
läßt sich aber erst zwei bis drei Dezennien später feststellen. K. W. Gümbel hatte 
auf seiner Geognostischen Karte des Königreichs Bayern den Rat Cottas befolgt, 
indem er in die Gneisformation Gn, in den Granit G usw. hineinschrieb. 1 2 Anschließend 
hieran möchte ich auf einen Versuch hinweisen, der auf einer Schwarzdruckkarte 
die verschiedenen Gesteinsarten nur mit den Zahlen 1 bis 16 auseinanderhält. 3 
Trotz des Kunterbunts, das auf den geologischen Karten um die Mitte des 
vergangenen Jahrhunderts herrscht, lassen sich bei genauerm Hinschauen die Spuren 
1 Vgl. M. Semper: Die geolog. Studien Goethes. Leipzig 1914, S. 210. — Auch G. Linck 
weist in seiner Rede „Goethes Verhältnis zur Mineralogie u. Geognosie“ (Jena 1906, S. 13ff.) auf 
die Bedeutung Goethes für das Kolorit geologischer Karten hin. 
2 K. W. Gümbel: Geognost. Karte des Kgr. Bayern u. der angrenzenden Länder. 1 : 500000. 
München 1859. [H.- u. St.-Bi. München.] 
3 Die Karte ist überschrieben: Geognostische Charte von Ungarn u. Siebenbürgen, s. a. Viel 
leicht aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. [U.-Bi. Göttingen.]
	        
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