Die geologischen Karten und Verwandte.
283
an der Erdoberfläche wahrnimmt und gehen nur so weit in die Tiefe, als die Erdober
flächenschicht physisch und chemisch verändert wird. 1 Die in ihnen niedergelegten
Untersuchungen wollen der Wirtschaft im allgemeinen und der Landwirtschaft im
besondern dienen. Darum verfolgen die Bodenkarten ein ausgesprochen praktisches
Ziel. Daß außerdem Bodenkarten gezeichnet werden, die lediglich wissenschaftlichen
Interessen dienen, kann das Hauptziel nicht beirren. In ihrem Kolorit lehnen sich
die Bodenkarten an die geologische Karte an, was aber nicht verschlägt, eigene Wege
zu betreten, sobald es nötig erscheint. Mit einer sinngemäßen Bezeichnung der Boden
arten befaßte man sich früher als mit der der Felsarten und Formationen. Der Ver
fasser des Artikels „Land-Karte“ in der Oekonomisch-technologischen Encyklopädie
von J. G. Krünitz bringt 1793 einen Vorschlag, die Beschaffenheit des Bodens
durch verschiedene natürliche und abgestufte Farben auszudrücken. 1 2
Haben wir eine Karte vor uns wie die Eiszeitkarte der Steirer Alpen von
B. Luc er na 3 , können wir sie ebensogut als Bodenkarte wie als Eiszeitkarte an
sprechen, denn auf ihr sehen wir neben den Grenzen der alten Würmgletscher vor
allem die Biss-Moränen, Biss-Schotter, Würm-Moränen, Würm-Schotter und die
Bühl-, Gschnitz- und Daun-Moränen. Ebenso ist die Carte lithologique des mers de
France von M. Delesse eine Bodenkarte 4 , der sich die Karte des Seebodens an der
atlantischen Küste der Vereinigten Staaten von Nordamerika von L. F. v. Pourtales,
die sich auf die Untersuchungen des Coast Survey stützt, anschließt. 5 Ferner
reihen sich die Seebodenkarten an, die J. Murray und A. Benard zuerst für die
ganze Erde entworfen haben, und die neuerdings durch K. Andrée wesentlich ver
bessert sind.
1 Daß sich der Begriff der pedologischen oder Bodenkarten im Laufe der Zeit ebenfalls klaren
mußte, können wir aus dem ersten ausführlichem Bericht über derartige Karten erfahren; vgl.
R. Lorenz: Die kartogr. Darstellungen auf der Pariser Ausstellung 1867. P. M. 1867, S. 367.
2 J. G. Krünitz: Ökonomisch-techn. Enc., 60. Teil. Berlin 1793, S. 228, 229. Daselbst
heißt es: „Wichtiger hingegen (als die politische Illuminierung von Ämtern, Distrikten usw. auf
Spezialkarten) ist die Bezeichnung der Beschaffenheit des Erdreiches. Sie wirkt fast auf
jeden Schluß, den man von der Glückseligkeit eines Landes und seinem Reichthume macht, und
macht also, mit Rechte, Ansprach auf die Illumination mit Farben. Die Methode, nach welcher
diese geschehen kann, ist so verschieden, wie der Witz eines jeden sie wählt, indessen würde die natür
lichste und einfachste den Vorzug verdienen. Drey oder vier Haupt-Earben könnten schon hin
reichen, die verschiedenen Landes-Arten auszudrücken, und der Abfall derselben vom Dunkeln bis
zum Lichten, wiederum ein Unterscheidungs-Zeichen der Verschiedenheit einer jeden Erd-Art unter
sich anzuzeigen. So, wenn ich z. B. den Sand überhaupt durch Gelb von den übrigen Erd-Arten
bemerken wollte, würde ich dem ganz unfruchtbaren, dem Flug-Sande, das höchste Gelb zueignen;
dem gemeinen Heide-tragenden und zum Ackerbau nicht ganz untüchtigen die Mittel-Farbe dieses
Gelben; einem lehmigen oder mit mehrerm Thon und Humus vermischten ein Braungelb zum Charakter
geben. So wie die gewöhnliche Erd-Art ein mit Lehm oder Thon vermischter Humus hieran gränzt,
so mußte ein helles Braun sie auf der Karte bezeichnen; ein fester Thon aber, oder so genannter Kley-
Boden, mit dem dunkelsten Braun angedeutet werden. Wahrer Marsch-Boden, oder ein mit dem
feinen Schlamme eines Strohmes bedecktes Erdreich, müßte violet werden, und sich dadurch mehr,
als man bisher selbst in sehr detaillierten Grundrissen gethan hat, von den Mohr-Gegenden unter
scheiden. Genauere Classen in Andeutung des Erdreiches getraue ich mir nicht vors erste, ohne Be
fürchtung einer Verwirrung, vorzuschlagen.“
3 R. Lu cerna: Eiszeitkarte der Steirer Alpen. 1 : 75000. Kartenbeilage zu Geogr. Monats
bericht aus Österreich. IV. Wien 1906.
4 M. Delesse: Carte lithologique des mers de France, exécutée d’après les travaux hydro
graphiques. Paris s. a. (1868?). [Br. M. London.]
5 L. F. v. Pourtales i. P. M. 1870, T. 20.