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Die anorganische Welt im Kartenbild.
Die Karten mit geologischem Grundkolorit und aufgetragenen Kulturen werden
schlechthin als Bodenkarten bezeichnet. Auch sie haben bereits ihre Geschichte.
R. Lorenz sagt gelegentlich der Kritik des Kartenbestandes der Pariser Ausstellung
vom Jahre 1867 1 , daß es scheint, als ob der Begriff von Bodenkarten noch nicht
genau begrenzt ist, denn man findet unter diesem Titel allerlei höchst verschieden
artige Darstellungen. Das vor einem halben Jahrhundert Gesagte bleibt auch heute
noch zu Recht bestehen. Lorenz schloß seine Betrachtung an die „Carte forestière
de la France, relation entre la distribution des forêts et la nature géologique du sol“ an.
Die in dem großen Maßstabe von 1:320000 entworfene Karte zeigt die geologischen
Hauptformationen Frankreichs in hellem und die Forste in dunkelgrünem Flächen
kolorit. Man kann Lorenz nur beistimmen, wenn er ausführt, daß die Karte bei einem
zehnmal kleinern Maßstabe dasselbe hätte leisten können, nämlich einfach eine Kopie
der geologischen Karte mit Eintragung von Waldkomplexen zu geben. Aber eine
Bodenkarte ist die französische Karte nicht, die Formationen sind nach geologischen,
nicht nach agronomischen oder forstlichen Gesichtspunkten aufgefaßt, geordnet und
bezeichnet worden. Nirgends läßt sich auf der Karte ein besonderer Zusammenhang
zwischen geologischer Grundlage und Forst nachweisen, denn auf allen Formationen
stehen große und kleine Wälder. Man kann sich in der Tat wenig dabei denken,
zumal noch die Terrain Zeichnung ermangelt.
Die erste Bodenkarte, die den pedologischen Anforderungen gerecht zu werden
versucht, ist die von R. Lorenz selbst entworfene und in Paris ausgestellte Boden
karte der Umgebung von St. Florian in Ober-Österreich. 1 2 Zu gleicher Zeit hatte
auch die Lemberger Handelskammer eine statistische Karte ausgestellt, worauf das
Wiesenland grün, das Waldland schwarz, der unfruchtbare Steinboden gestrichelt,
der Ackerboden aber in viererlei Schattierungen von Gelb, je nachdem er Weizen-,
Roggen-, Hafer- oder dürrer Sandboden ist, koloriert war. Durch die Zergliederung
des Ackerbodens reiht sich die Karte in die Bodenkarten ein. Handelt es sich wie
bei ihr um größere Gebiete, kann die eingehendere Scheidung des Wald- und Wiesen
bodens, da Wald und Wiese nicht in dem Grade von der Bodenzusammensetzung
wie die verschiedenen Getreidearten abhängig sind, vernachlässigt werden.
Die auf der Pariser Ausstellung sich gleichfalls präsentierenden Cartes agro
nomiques von Frankreich und Belgien waren im Grunde weiter nichts als geologische
Karten mit Kulturandeutung. Die französische Carte agronomique du d'partement
du Jura d’après la nature chimique des sols . . . par le frère Ogérien unterscheidet
durch Farben terre argilleuse, silicieuse, ferro-silicieuse, ferro-argilleuse, calcaire, silico-
alcaline et humique. Der Inhalt der Karte wird wesentlich ergänzt durch zwei auf
der Karte angebrachte Tabellen, deren eine „Compositions chimique“ von jeder in
der Karte gekennzeichneten Bodenklasse eine Anzahl von Analysen nach Prozenten
der einzelnen Bodenbestandteile und deren zweite „Caractères physiques“ das spe
zifische Gewicht, die Absorption und Plastizität der Bodenart bringt. In ähnlicher
Weise, nur eingehender, sind neuere französische Karten gezeichnet worden. 3
1 R. Lorenz i. P. M. 1867.
2 R. Lorenz i. P. M. 1867, S. 368.
3 Vgl. z. B. E. Bertainchand: Carte agronomique et hydrologique du bassin de l’oued Leben
et de l’oued Rann et en particulier des terres de la région de Sfax. 1 : 200000. Tunis 1896. Dazu:
Note explicative sur la Carte etc. Paris 1896. Bertainchand war Direktor des chemischen Labora
toriums der Regentschaft Tunis für Landwirtschaft und Gewerbe. Auf der Karte unterscheidet er