Die geologischen Karten und Verwandte.
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Projektion brachte, der Paläogeographie nicht nützen konnten und hat infolgedessen
in der fünften Auflage, Paris 1906, Lamberts flächentreue Azimutalprojektion für
seine Erdhalbekarten angewandt. Er begründet auch seine Ansichtsänderung, warum
er Mercator verworfen hat; „mais, outre quelle rend impossible la représentation
des pôles et déforme notablement tout ce qui les avoisine, elle fait forcément la part
beaucoup trop large à la surface océanique“. Lapparent selber gebraucht nicht den
Ausdruck Lambertsche Projektion, aber er sagt auf S. 732 klar und deutlich, daß
er Europa in die Mitte der Karte stelle und darum eine Karte benütze, „dressée pour
l’horizon de Berlin, existait dans les atlas classiques“. Unter den klassischen Atlanten
ist vor allen Dingen Berghaus’ Physikalischer Atlas, Gotha 1892, zu verstehen, wo
z. B. auf Blatt 16 das Kartennetz zu sehen ist, das Lapparent für seine Planigloben-
karte wählte, nämlich „Lamberts flächentreue Azimutalprojektion und auf den
Horizont von Berlin“, wie es daselbst am Rande der Karte für die Stromgebiete der
Erde heißt. Die Projektion stammt also von Lambert und nicht von Lapparent her;
darum muß man nicht, wie Dacqué, von Lapparents azimutaler Meridianprojektion
sprechen, auch nicht von Neumayrs Projektion, wenn Neumayrs Planiglobenkarte
der Jurazeit in Globularprojektion erscheint. Erfreulicherweise bringt A. Wegener,
wie oben bereits erwähnt, seine Kärtchen in flächentreuer Projektion, sowohl in der
Hemisphären- wie Holosphärenansiclit. 1 Würde man bessere Einsicht in die Pro
jektionen genommen haben, dann würde man auch nicht einem solchen Satz begegnen:
„Sie (die Lapparentsche Sammlung paläogeographischer Karten im Traité) enthält
nicht weniger als 23 Weltkarten, die aber im Unterschiede von den bisherigen Welt
karten in stereographischer Projektion (!) entworfen sind, um die allzu starke Flächen
verzerrung der Mercatorkarte zu vermeiden.“ 1 2
Ferner sind für paläogecgraphische Darstellungen sternförmige Entwürfe zu
vermeiden, wie sie A. Steinhäuser, Aug. Petermann zuerst gezeichnet haben und
von neuern immer wieder entworfen werden. 3 Die Zerlappung des Erdbildes stört
die kontinuierlichen Formen und schließlich das kontinuierliche Denken. Nochmals
sei betont, daß hier lediglich flächentreue Projektionen eine Berechtigung haben;
mit ihnen kann man jederzeit und in jedweder Lage paläogeographischen Wünschen
und Zielen nachkommen, sei es, daß man das ganze Erdbild, denn um ein solches
handelt es sich zumeist, in ein Hammersches, Mollweidesches oder Eckertsches Netz
spannt, sei es, daß man sich mit Planiglobenbildern zufrieden gibt. Von der Flächen-
treue war außer Lapparent zuerst Koken überzeugt. Er hat dieselbe Wandlung
seiner Ansichten wie Lapparent durchgemacht. In seinem Werke über die Vorwelt
und ihre Entwicklungsgeschichte, Leipzig 1893, gebrauchte er noch die Mercator
karte, dagegen 1907 bei der Zeichnung der Länder und Meere zur permischen Zeit
die Hammersche Projektion 4 ; im Text dazu sagt er selbst: „Die Verzerrung der
Umrißlinien der an der Peripherie gelagerten Länder wird reichlich aufgewogen durch
den Vorteil, die wahren Größenverhältnisse jederzeit entnehmen zu können.“ 5
1 Das zeigt sich auch bei den Kärtchen in „Die Klimate der geologischen Vorzeit' von
W. Koppen u. A. Wegener, Berlin 1924.
2 Th. Arldt: Zur Geschichte der paläogeographischen Rekonstruktionen. G. Z. 1914, S. 205.
3 E. Dacqu6: Grundlagen, a. a. O., S. 373.
1 E. Koken: Indisches Perm u. permische Eiszeit. N. Jahrb. f. Min. usw., Festbd. Stutt
gart 1907, S. 446—546. 1 Karte.
5 E. Koken, a. a. O., S. 545.