Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

318 
Die anorganische Welt, im Kartenbild. 
behandelt, die mir die Erörterung über den Gegenstand leicht macht. Das Wenige, 
was ich selbst von magnetischen Karten in in- und ausländischen Bibliotheken ge 
sehen habe, finde ich bei Hellmann genügend berücksichtigt. Auf die Ausführlich 
keit Hellmanns müssen wir notgedrungen verzichten; um so mehr sei das Studium 
seiner Schrift empfohlen. 
Innerhalb der großen Gruppe der physischen Karten blicken die erdmagnetischen 
Karten auf die längste Entwicklungsperiode zurück. Wir kennen bis zur Gegenwart 
rund 350 magnetische Karten und Kartenwerke. Bereits im 16. Jahrhundert wurde 
der Erdmagnetismus kartographisch eingefangen, wenn man von den einzelnen Mar 
kierungen der Deklination innerhalb einer Kompaßrose auf Karten des 15. Jahr 
hunderts absehen will (s. S. 59). Zur magnetischen Abweichung im 16. Jahrhundert 
gibt auch Er. Nansen einen kleinen Beitrag. 1 H. Wagner vergißt nicht, auf die 
eingetragenen Werte der magnetischen Mißweisung auf der Edw. Wrightschen Karte 
von 1599 hinzuweisen. 1 2 In der Geschichte der Wissenschaften findet die frühe Berück 
sichtigung erdmagnetischer Erscheinungen ihren guten Grund. Mit der Deklination 
der Magnetnadel beschäftigte sich die Nautik schon seit dem 13. Jahrhundert. Die 
zahlreichen Beobachtungen, die man zur See gemacht hatte, die weiterhin durch 
Naturforscher festgestellt, berichtigt und bereichert wurden und die vor allem die 
mannigfachen Abweichungen der Magnetnadel dartaten, mußten schließlich speku 
lative Köpfe auf die Idee bringen, in scheinbaren Widersprüchen gewisse Gesetz 
mäßigkeiten zu suchen, gemeinsame Züge herauszuschälen und sie durch gemeinsamen 
Linienzug zu veranschaulichen. Glaubte man doch, in der magnetischen Deklination 
und Inklination ein Mittel zu haben, um geographische Länge und Breite bestimmen 
zu können, was für die Schiffahrt von größter Bedeutung gewesen wäre. De^ Boden 
für derartige Spekulationen war in den Ländern gegeben, wo die Schiffahrt das Denken 
und Fühlen des ganzen Volkes durchzitterte. Wir klopfen darum nicht vergebens 
bei Spanien-Portugal und England an. 
Der Kosmograph Alonso de Santa Cruz, der berühmte Mathematiklehrer 
des jugendlichen Kaisers Karl V., scheint um 1530 die erste allgemeine magne 
tische Variations- oder Deklinationskarte gezeichnet zu haben 3 , die nach 
der Lage der Dinge für ihre Zeit hauptsächlich die nicht zu zahlreichen Angaben über 
Deklinationswerte auf den Kumbenkarten verarbeiten konnte. Verschiedene der 
gelehrten Jesuiten, die im 17. Jahrhundert nach Indien und Ostasien gingen, haben 
auf ihren Beisen zur See die Deklination beobachtet. Ihre Angaben sammelte ihr 
Ordensbruder Athanasius Kircher in dem Werke Magnes sive de arte magnetica 
opus tripartitum, Born 1641. 4 Aus diesem Werke wissen wir, daß einer dieser Patres, 
Christoph Borri oder Borrus aus Lissabon, um das Jahr 1630 eine von ihm selbst 
gezeichnete Karte mit isogonischen Linien dem König von Spanien zur Auffindung 
und Bestimmung der Länge zur See angeboten hatte. Er nennt die Linien gleicher 
Deklination ,,tractus chalyboclitici“ (abgeleitet von ‘/ctlvcp, /c/.loßoi; der Stahl und 
xh'aiq die Neigung). 
1 Fr. Nansen i. P. M. 1912, I, S. 8-12. 
2 H. Wagner i. P. M. 1915, S. 476; dazu T. 56. 
3 A. v. Humboldt: Kosmos. IV. Stuttgart u. Tübingen 1859, S. 171 Anm. — Mit der Ge 
schichte der Deklinationsbestimmung beschäftigt sich Felgenträger: Die längste nachweisbare 
Sekularperiode der erdmagnetischen Elemente. Diss. Göttingen 1892. 
4 Ath. Kircher: Magnes etc. Rom 1641; Colon. Agripp. 1643; Romae 1654.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.