Die klimatographischen Karten.
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navischen Ländern, in Rußland und in den Vereinigten Staaten von Amerika. Unter
den deutschen Gelehrten, deren Wirken bis in die Gegenwart gespürt wird, seien nur
W. Koppen, A. Supan (f), J. Hann (f) und W. Meinardus hervorgehoben. Mit
ihren Karten werden wir uns später noch ausführlicher auseinanderzusetzen haben.
Es mag hier bloß an Supans Karte der Verteilung der jährlichen Wärmeschwankung
erinnert werden 1 , die, ohne daß Supan eine Ahnung davon hatte, ihre Vorgängerin
in Keith Johnstons Karte hatte, die der gleichen Materie gewidmet und 1869
bereits erschienen war. 1 2 Mußte Supan sonach auf die Priorität verzichten, konnte
er sich doch den vollen Anspruch auf Originalität des Gedankens und der Ausführung
wahren. 3 Auf andere interessante Einzelheiten in der Geschichte der Isothermen
karte müssen wir verzichten, wie auf den Vorschlag Ebels in Königsberg, die Tem
peraturkarten auf Höhenschichtkarten aufzubauen. 4
135. Zur Geschichte der Isobarenkarte und der Wetterkarte. Die Geschichte
der Isobaren ist eng mit der der Wetterkarte verknüpft. Ist zwar die Wetter
prognose so alt wie das Menschengeschlecht, hat sie doch erst im Anfänge des 19. Jahr
hunderts zur kartographischen Darstellung hingeführt; und wir müssen auch hier
uns wieder in die Zeit A. v. Humboldts zurückversetzen. 1820 untersuchte der
Breslauer Physiker H. W. Brandes (1777—1834) den Zusammenhang zwischen Luft
und Wind und gab ihm einen kartographischen Ausdruck in der Carte synoptique
du 6. Mars 1783. In diesem Jahre wurde West- und Mitteleuropa von einem un
gewöhnlich heftigen, unheilvollen Sturm heimgesucht. An der Hand der damals
beobachteten Barometerstände, die in der Societas Meteorologica Palatina, den Mann
heimer Ephemeriden, verzeichnet worden waren, vermerkte er auf einer Karte von
Europa die vom Normalstand der betreffenden Orte abweichenden Barometerstände
und verband die gleichen Abweichungen durch Linien. Die gleichzeitig beobachteten
Windrichtungen wurden ebenfalls in die Karte eingetragen und wie von selbst ergab
sich die Erkenntnis vom Zusammenhang zwischen Luftdruck und Wind. 5 Auch für
seine unmittelbare Gegenwart hatte er ähnliche Karten wie die für 1783 entworfen.
In dem zweiten Bande des genannten Lehrbuchs der Meteorologie hat L. Er. Kämtz
1832 gleichfalls eine Charte der isobarometrischen Linien der Erde beigegeben (Taf. III).
Brandes war es ferner klar geworden, daß tägliche, zu bestimmten Zeiten vor
genommene Beobachtungen über Luftdruck, Temperatur, Wind und Bewölkung
1 A. Supan i. d. Z. f. wiss. Geogr. 1. Lahr 1880, T. V.
2 K. Johnstons Karte in den Proceedings of the Roy. Soc. of Edinburgh. VI. Edinburgh
1869, S. 561.
8 A. Supan i. d. Z. f. wiss. Geogr. II. Lahr 1881, S. 160.
4 Ebel fügt als Probe zwei Skizzen von Finland bei: 1. Mit drei Höhenkurven zu 1000 Fuß,
2. mit Temperaturkurven, Dunkelblau + 4°, Hellgelb + 2° (bis 1500 Fuß), Deckweiß — 3000 F.,
über 3000 F. Hellblau für - 2°, dunkler gefärbt für - 4°. — Derartige Versuche lohnen sich nur für
beschränkte Gebiete. — Vgl. Wilh. Ebel: Geographische Naturkunde. Königsberg 1850, S. 122.
5 Eine ausführliche Geschichte der Wetterkarte befindet sich in I, Kap. 4 (1898) des Werkes
von H. H. Hildebrandsson und L. Teisserenc de Bort: Les bases de la météorologie dynamique
historique — état de nos connaissance. II. Paris 1907. — Ein Abriß der Geschichte befindet sich
in C. Kaßner: Das Wetter und seine praktische Bedeutung. Wiss. u. Bildung, Nr. 25. Leipzig
1908, S. 4—45; desgl. einige Daten in A. Defant: Wetter u. Wettervorhersage. Leipzig u. Wien
1918, S. 7ff. S. 8 bringt eine Reproduktion der Karte von H. W. Brandes. — Zur Geschichte der
Wetterk. (= ,,Die Erdkunde“, T. 13) vgl. auch W. Trabert: Meteorologie u. Klimatologie. Wien
u. Leipzig 1905, wo auch auf S. 65 die erste Wetterkarte vom 6. III. 1783 wiedergegeben ist.