Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die anorganische Welt im Kartenbild. 
geeignet wären, täglich erscheinende Wetterkarten herzustellen. Für jene Zeit fehlte 
indes noch die Möglichkeit der schnellen Benachrichtigung. Aber bald nach der 
Erfindung des Telegraphen sehen wir die erste auf Beobachtungen durch telegraphische 
Übermittlung aufgebaute Wetterkarte in der Zeitung „Daily News“ am 14. Juni 1849 
veröffentlicht. In England brach sich der Gedanke eines auf tägliche Karten sich 
stützenden Wetterdienstes zuerst Bahn, und um die Leistung des elektrischen Tele 
graphen zu beweisen, wurden während der Londoner Weltausstellung vom Jahre 
1851 vom 8. August bis 11. Oktober täglich synoptische Karten herausgegeben, die 
James Glaischer auf Grund telegraphischen Materials von 22 Stationen entworfen 
hatte. 1 
Nach England führt ein anderer interessanter Versuch der Darstellung von 
Wetterkarten, den wir als Geographen nicht übersehen wollen, wenngleich er in der 
Geschichte der Wetterkarte kaum erwähnt wird. Der seinerzeit berühmte Afrika 
reisende und Geograph Francis Galton hat 1863 den Versuch gemacht, alle meteoro 
logischen Elemente in einem geographischen Bilde vorzuführen, wozu er besondere 
Signaturen erfunden hatte. 1 2 Auf seinen Karten erkennt man die Witterungsverhältnisse 
sämtlicher Stationen an jedem Tage und zu jeder Stunde der Beobachtung, und zwar 
den stattgehabten Niederschlag an Regen oder Schnee, den Grad der Bewölkung in 
sechs Abstufungen, die Richtung des Windes und dessen Stärke in sechs Abstufungen, 
den Barometerstand und die Temperatur. Wie aus dieser Darstellung ohne Schwierig 
keit Diagramme zur Darstellung der allgemeinen Ergebnisse abgeleitet werden können, 
hat Galton an mehreren Beispielen gezeigt. Mir ist nicht bekannt, daß seine Karten 
auf die Weiterbildung der Wetterkarten von Einfluß gewesen sind. Damals lagen 
schon mehrere derartige Versuche in verschiedenen Ländern vor; es drängte die Ent 
wicklung zur Anbahnung eines allgemeinen Wetterdienstes, was auch vom 11. Oktober 
1863 ab durch das Bureau météorologique de France geschah, wo unter der Leitung 
von E. H. Marié-Davy täglich Wetterkarten für West- und Südeuropa, die sich 
bald auf ganz Europa ausdehnten, herausgegeben wurden. Die übrigen Staaten 
folgten allmählich nach 3 und heute gibt es kein Land von Bedeutung, das nicht seine 
eigenen Wetterkarten herausgäbe. Am 16. Februar 1876 gab die am 9. Januar 1875 
errichtete Deutsche Seewarte die erste deutsche Wetterkarte heraus. Nachdem 1877 
der Wetterdienst internationalisiert wurde, erhielt die Wetterkarte die Gestalt, die 
sie heute noch im großen und ganzen besitzt. Für die deutsche Wetterkarte wird 
von großer Bedeutung, daß am 1. Juni 1906 der öffentliche Wetterdienst im Deutschen 
Reiche beginnt. Eine Neugestaltung erhielt die Wetterkarte durch die Arbeiten von 
V. Bj er kn es. 4 Er hat die Lehre vom Wetter mit einer Fülle neuer Ideen befruchtet, 
1 Lithographische Kopien dieser Karte kosteten 1 Penny. 
2 Fr. Galton: Meteorographica, or methods of mapping the weather; illustrated by upwards 
of 600 printed and lithographed diagrams reiering to the weather of a larg part of Europe, during 
the month of decemher 1861. London 1863. 
3 Vgl. u. a. A. Defant: Die erste Wiener Wetterkarte vom 1. Juli 1865. Das Wetter. Assmann 
heft, April 1915. 
4 Veröffentl. des Geophysikal. Instituts der Universität Leipzig, hg. v. V. Bjerknes. 1. Serie: 
Synoptische Darstellungen atmosphärischer Zustände. Jahrg. 1910. — Heft 1: Zustand der Atmo 
sphäre über Europa am 6. Jan. 1910. 13 K. Leipzig 1913. — V. Bjerknes: Dynamische Meteoro 
logie u. Hydrographie. I. Statistik der Atmosphäre und Hydrosphäre. Mit Atlas. Braunschweig 
1912. II. Kinematik der Atmosphäre u. der Hydrosphäre. Braunschweig 1913. — Vgl. auch 
W. Georgii: Wettervorhersage (Die Fortschritte der synopt. Meteorologie). Dresden u. Leipzig 1924.
	        
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